Der Artikel ist Teil der Erkenntnisse des Story Grid.
© Story Grid, Shawn Coyne
Kennst du diesen Anblick auch, wenn dich der Textcursor auf einer leeren Seite erwartungsvoll anblinkt?
Vor allem dann, wenn man ein neues Kapitel seines Manuskripts beginnen will.
Aber wie kann man am besten einen Einstieg finden? Welche Möglichkeiten hat man als Autor, um den ersten Satz eines neuen Kapitels zu schreiben?
Sollte man einfach auf die Tastatur tippen und warten, bis man von den bloßen Tippgeräuschen inspiriert wird?
In diesem Artikel gebe ich dir 3 Optionen an die Hand, die dir helfen, den blinkenden Textcursor in Bewegung zu setzen.
Was dich erwartet:
- Sollte man Romananfänge googeln?
- Action, um ein Kapitel zu beginnen.
- Erzählung, um ein Kapitel zu beginnen.
- Setting, um ein Kapitel zu beginnen.
- Action, Erzählung und Setting? Wie findet man den passenden Anfang für eine Szene?
- Wann sollte ein Autor die Kapitelanfänge seines Manuskripts überprüfen?
- Beispiele von über 30 Szenenanfängen
1. Sollte man Romananfänge googeln?
Was macht man, wenn man nicht in die Gänge kommt? Bei mir ist es entweder Schokolade für den Energiepush oder mein allwissender Freund Google.
Wenn ich dann mit dem Schokoriegel in der Hand nach den besten Romananfängen google, komme ich zu den Listen der Top 100, Top 50 etc. Ich kann mich darin verlieren, die ersten Zeilen von großartigen Meisterwerken zu lesen:
"Es ist eine allgemein anerkannte Wahrheit, dass ein alleinstehender Mann, der ein beträchtliches Vermögen besitzt, einer Frau bedarf.« (Jane Austen: Stolz und Vorurteil)
"Als Gregor Samsa eines Morgens aus unruhigen Träumen erwachte, fand er sich in seinem Bett zu einem ungeheuren Ungeziefer verwandelt." (Franz Kafka: Die Verwandlung)
"Alle Kinder, bis auf einen, werden erwachsen". (J.M. Barrie: Peter Pan)
All diese Romananfänge und noch so viele mehr sind wirklich genial und katapultieren den Leser direkt in die Geschichte.
Im ersten Satz erfolgt keine langweilige Exposition. Es werden sofort Fragen aufgeworfen, um die Neugier des Lesers zu packen.
- Bei Stolz und Vorurteil fragt man sich, wer dieser Mann ist, der so ein Vermögen besitzt?
- Bei Kafka will man weiterlesen, um herauszufinden, warum Samsa als Ungeziefer aufwacht und was dazu führte.
- Und Peter Pan könnte ich sofort wieder lesen, weil dieser kurze Satz so viel Magie besitzt. Wer ist dieses Kind? Warum wird er nicht erwachsen?
Wenn wir also einen Roman beginnen, dann sollten wir darauf achten, dass wir so früh wie möglich Fragen aufwerfen. Das gilt nicht nur für Kurzgeschichten.
(James N. Frey - Wie man einen verdammt guten Roman schreibt 2)
Aber wie verhält es sich mit den restlichen Szenen des Romans? Wie kann man entscheiden, wie man mit diesen Szenen beginnt?
Ist der erste Satz einer Szene überhaupt wichtig?
Ja. Selbst die kleinen Entscheidungen, wie man eine Szene beginnt, beeinflussen und werden von den übergeordneten Elementen wie Genre, Prämisse, Erzählperspektive und Fokalisierung beeinflusst.
Tipp: Am besten hörst du mit dem Schreiben auf, wenn du noch mitten in einer Szene bist. Auf diese Weise fällt es dir viel leichter, am nächsten Tag wieder in deinen Schreibrhythmus zu kommen. Immerhin kannst du superleicht an deinem letzten Gedanken / Satz anknüpfen. Hast du jedoch die Szene beendet, stehst du am nächsten Tag vor der Frage, wie du die neue Szene beginnen sollst, und dass ohne bereits mitten im Schreibfluss zu sein.
Es gibt 3 Möglichkeiten, ein Kapitel zu beginnen.
Man kann eine Szene / ein Kapitel entweder durch Action, Erzählung oder durch das Setting beginnen.
Um die Unterschiede zwischen diesen drei Arten besser zu verstehen, nutzen wir 3 Beispiele, die wir jeweils für eine Art des Szenenanfangs anpassen. Die drei Beispiele heißen: Die Reise, der Überfall und Zweisamkeit.
2. Nutze Action, um ein Kapitel zu beginnen.
Die Reise: Jane startete den Motor ihres Wagens, löste die Handbremse und fuhr die Baldwin Street hinab.
Der Überfall: "Mach die Tür auf, Jones! Verdammt! Mach auf.", befahl der Junge.
Zweisamkeit: Er lehnte sich zu Lydia und flüsterte ihr zu, dass sie die letzten zwei Menschen auf Erden waren.
Ein Action-Szenenbeginn wird durch Verben erreicht, die eine momentane/aktive Handlung einer Figur ausdrücken.
Diese Action muss kein Feuersturm sein, denn auch eine kleine Aktion, wie Kleidung anziehen oder Dialog, kann eine Aktion sein.
2.1 Wann sollte man 'Action' als Szenenanfang wählen?
Wenn man mit einer Aktion der Figur beginnt, bringt man den Leser direkt in das Geschehen, das sich gerade entfaltet. Es wird gezeigt, was gerade los ist. Der Leser ist mittendrin.
Beispiel – die Reise: "Jane startete den Motor ihres Wagens, löste die Handbremse und fuhr die Baldwin Street hinab."
Die Szene bringt den Leser direkt auf den Beifahrersitz von Jane. Da wir nur von 'hinab fahren' sprechen, erscheint es, dass nichts Gravierendes vorgeht. Dennoch wissen wir nicht, wohin sie fahren will oder warum.
Tipp: Beginnen wir eine Szene mit Action, dann ist dies die externe Fokalisierung durch den Spannungsaufbau. Der Leser weiß in diesem Moment weniger als die Figur. Wenn sofort mit einer Aktion begonnen wird, weiß der Leser zwar, was gerade geschieht, aber er weiß nicht Warum. Dieser Szenenanfang wirft Fragen auf. Und der Leser liest weiter, weil er Antworten sucht.
Beispiel – der Überfall: "Mach die Tür auf, Jones! Verdammt! Mach auf.", befahl der Junge.
Dieser Anfang bringt den Leser sofort in eine bedrohliche Situation. Die Aufforderung sowie das Fluchen des Jungen lassen vermuten, dass es sich um eine brenzlige Situation handelt. Diese Szene dreht sich um einen Jungen, der wahrscheinlich eingesperrt ist sowie um jemanden namens Jones, nach dem der Junge ruft.
Tipp: Das, was wir als Leser nicht wissen, zieht uns an. Dieser Szenenbeginn schafft eine Form von Mystery, da wir als Leser nicht wissen, wie es zu dieser Situation kam und wir sind gespannt, wie es weitergeht.
Erfahre mehr darüber, wie du deine Leser mit dem Aufwerfen einer Frage zum Weiterlesen verführen kannst: Drei Wege um Neugier zu wecken
Beispiel – Zweisamkeit: "Er lehnte sich zu Lydia und flüsterte ihr zu, dass sie die letzten zwei Menschen auf Erden waren."
Hier suggerieren die Verben 'lehnen' und 'flüstern' eine ruhige Situation, in der nichts Dringliches vorzugehen scheint. Jedoch wissen wir nicht, ob der letzte Teil des Satzes als Floskel gemeint ist oder gar die Apokalypse dahinter steckt.
2.2 Merkmale eines Kapitelbeginns durch Action:
- Wörtliche Rede bedeutet immer Action
- wenn wir mitten drin sind und beobachten, was eine Figur gerade macht
- wenn eine Person etwas beobachtet, was gerade geschieht
- plötzliche Vorkommnisse wie ›als plötzlich‹
- selbst wenn Exposition oder Settingbeschreibungen vorhanden sind, ist ein Szenenanfang Action, wenn er die momentane Aktion einer Figur zeigt
3. Nutze einen erzählerischen Anfang, um ein Kapitel zu beginnen.
Schauen wir jetzt, was passiert, wenn wir unsere drei Szenen erzählend beginnen.
Die Reise: Jane hatte sich noch nie getraut, die steilste Straße der Welt, die Baldwin Street, mit ihrem alten Shevy herunterzufahren, aber heute musste sie es wagen.
Der Überfall:Jones hatte ein gesamtes Jahr den Jungen für diesen Auftrag ausgebildet, aber er war ihm so sehr ans Herz gewachsen, dass er ihn nicht für einen Banküberfall verschleudern wollte, zumindest noch nicht.
Zweisamkeit: Lydia konnte sich nicht daran erinnern, wie sie in dieses Penthouse gekommen war - und vor allem nicht, wer der Mann neben ihr war, der ihr sagte, sie seien die letzten beiden Überlebenden auf dieser Welt.
Der erzählende Szenenbeginn (erzählt) erklärt etwas über die Figuren, bevor die Handlung in der Szene beginnt.
Diese Möglichkeit des Szenenanfangs bringt den Leser in die Nähe der Handlung, aber schmeißt ihn nicht mitten hinein. Hier beginnt die Szene also nicht wie bei dem Actionanfang in medias res.
Tipp: Am einfachsten ist es, wenn du nach Adverbien wie normalerweise, niemals, manchmal, selten, oft, gelegentlich, früher, meist ... Ausschau hältst. Diese Worte deuten auf einen früheren Umstand hin, von dem der Leser wissen sollte. Konjunktionen wie während (z.B. während des letzten Jahres) oder (als der Einlass begann) können als zeitlicher Übergang zwischen der vorherigen und der neuen Szene genutzt werden.
Statt der externen Fokalisierung (Actionbeginn = die Figur weiß mehr, als der Leser, indem der Autor Informationen zurückhält) lässt uns der erzählende Szenenanfang genauso viel wie die Perspektivfigur wissen.
Dieser Beginn erzeugt Spannung, weil wir und die Figur über denselben Kenntnisstand verfügen.
Wir erfahren, dass Jane anscheinend keine gute Autofahrerin ist (Spannung: Geht die Fahrt gut aus oder nicht?) und sich nicht zu viel zutraut. Außerdem haben wir erfahren, dass Jones ein Bankräuber mit Herz ist (Was wird er mit dem Junge machen?), während Lydia anscheinend ihr Gedächtnis verloren hat und sich in einer vollkommen befremdlichen Situation wiederfindet (Was wird sie tun?).
Natürlich erwecken die oberen drei Beispiele auch Fragen.
Im Beispiel Zweisamkeit wissen wir genauso wenig wie Jane, was zu dieser Situation führte.
Bei der Reise besteht ein Mix aus interner und externer Fokalisierung, weil wir einerseits Jane besser einschätzen können, aber dennoch nicht den Anlass wissen, weshalb sie sich an diesem Tag traut.
In diesem Beitrag erfährst du mehr über "Fokalisierung": Drei Wege um Neugier zu wecken.
3.1 Merkmale eines Kapitelbeginns durch einen erzählerischen Anfang:
- Wenn die Aktion einer Figur in der Vergangenheit der momentanen Handlung liegt.
- Wenn Zeitangaben wie ›drei Tage später‹, ›niemals‹, ›bald‹, ›tagelang‹, ›seit Tagen‹ beim Kapitelanfang auftauchen.
- Beschreibungen von Handlungen, die eher einen allgemeinen Eindruck erwecken sollen, aber den Leser nicht mitten ins Geschehen bringen.
- wenn eine Figur vorgestellt wird, indem ein Teil ihrer Vergangenheit preisgegeben wird
- Kommentare des Erzählers sind meist immer Exposition
- selbst wenn auf aktive Handlungen Bezug genommen wird, aber solange diese nicht im Momentum passieren, ist es ein erzählerischer Anfang
- ›Ich bin ...‹, ›Er/Sie ist ...‹ bedeuten Exposition, wenn man darstellt, was eine Person ist.
- wenn jemand etwas nicht vergessen hat. Ersetzt man ›nicht‹ mit ›niemals‹ kommt klarer heraus, dass es Exposition ist.
- Ein Erzähler geht auf die Ereignisse ein, die alsbald stattfinden werden
- Zusammenfassung von vorherigen Ereignissen, selbst wenn man auf sie in ihrer Gesamtheit Bezug nimmt
- Exposition, wenn man nur darstellt, wie viel Zeit seit der letzten Szene vergangen ist
4. Nutze Setting, um ein Kapitel zu beginnen.
Und natürlich kann man eine Szene auch beginnen, in dem man mit dem Setting beginnt.
Die Reise: Auf der linken Seite der Baldwin Street führten Treppenstufen die 350 m steile Straße hinab.
Der Überfall:Die Kellertür hatte Jones mit einem modrigen Holzbalken versperrt.
Zweisamkeit: Jane hatte bei ihrer Ankunft die Sauerstoffgeneratoren gehört, die einen kalten Luftzug durch den Raum bliesen.
Der Szenenbeginn mit Hilfe der Beschreibung des Settings nutzt vor allem Adjektive (kalter Luftzug, steile Straße, modriger Balken) und/oder die Verben im Plusquamperfekt (hatte versperrt, hatte gehört).
Von allen drei Szenenanfängen hält der Settingbeginn die größte Distanz zwischen Figur und Leser. Man kann sagen, dass der Erzähler wie von einem erhöhten Standpunkt die Szenerie beobachtet und ein paar Dinge herausstellen kann, die der Figur selbst nicht auffallen.
Beim Settingbeginn ist, zumindest temporär, die Umgebung wichtiger als die Figur.
Tipp: Wenn wir mit der Beschreibung des Settings die Szene beginnen, sollten wir nicht nur Atmosphäre aufbauen, sondern auch versuchen, dramatische Ironie zu schaffen. Das bedeutet, dass wir minimal oder offensichtlicher Dinge andeuten, die den Leser glauben lassen, dass er mehr weiß, als die Figur. Wenn der Leser darauf wartet, dass die Figur erkennt, was man schon weiß, nennt man es die Nullfokalisierung nach Genette.
In diesem Beitrag erfährst du mehr über "Fokalisierung": Drei Wege um Neugier zu wecken
Setting oder Exposition?
Manchmal befindet sich beides in einer Szene. Um in der Szenentabelle sich für einen Anfang zu entscheiden, am besten darauf achten, welcher der beiden möglichen Anfänge stärker vertreten ist.
5. Action, Erzählung oder Setting? Wie findet man den passenden Anfang für eine Szene?
Die drei Kapitelanfänge können für jede Art von Szene eingesetzt werden – sei es eine Hollywood-Actionszene, wo es um Leben und Tod geht, oder ob es eine ruhigere Szene ist. Es ist immer möglich, den Leser direkt in die Handlung zu werfen (die Szene beginnt in medias res), mit Exposition zu starten oder zunächst das Setting zu beschreiben.
Im folgenden Absatz möchte ich dir helfen, herauszufinden, welcher dieser drei Szenenanfängen sich am besten für eine bestimmte Szene eignet, die du gerade schreiben willst. Dazu werde ich Beispiele aus Büchern anbringen und deren Szenenanfänge untersuchen, sodass du einen guten Überblick über die verschiedenen Möglichkeiten erhältst und genau weißt, wie du in Zukunft deine Kapitel beginnen kannst.
5.1 Hängt der Anfang einer Szene vom Genre ab?
Es ist anzunehmen, dass der Beginn direkt in der Handlung (also mit einer Aktion) öfter in den externen Genres wie Action, Horror, Krimi oder Thriller auftritt. Ich habe jetzt natürlich keine Analyse aller existierenden Bücher dieses Genres getan (würde ich gerne, wenn für ein Jahrhundert die Zeit stehen bliebe ;-), daher spreche ich jetzt aus meiner Leser sowie Lektorenerfahrung. Aber nein, es gibt keinen Szenenanfang, der spezifisch für ein Genre ist.
5.2 Gibt es einen Kapitelbeginn, der besser als andere ist?
Es ist wichtig, dass man im Schreibprozess berücksichtigt, dass Abwechslung das Interesse des Lesers hält.
Das heißt, man sollte von Szene zu Szene die Anzahl der Personen ändern, den Ort immer wieder wechseln, die Wendepunkte entweder durch Offenbarung oder durch die Aktion einer Figur eintreten lassen oder z.B. den Wertwandel der Szene mal positiv und mal negativ ausgehen lassen. Diese Herangehensweise trifft auch auf die Möglichkeiten zu, wie man eine Szene beginnt.
- Beginnt man jedes Kapitel inmitten des Geschehens, hat der Leser Probleme, Luft zu holen, und muss sich immer wieder neu orientieren, was gerade los ist.
- Beginnt man jedoch jede Szene mit Exposition oder der Beschreibung des Settings, verliert der Leser schnell das Interesse, weil er sich nach mehr Handlung sehnt.
Vor allem, wenn man eher ruhigere Geschichten schreibt, kann ein Kapitelbeginn in medias res den Erzählfluss vorantreiben, besonders im Mittelteil der Geschichte.
Die Mischung macht's!
Jede Geschichte sollte über einen kontinuierlichen Wechsel der drei möglichen Kapitelanfänge verfügen.
5.3 Welcher Kapitelanfang ist am besten für eine spezielle Szene geeignet?
Das hängt vor allem von diesen Faktoren ab:
Erzählperspektive und erzählerische Mittel:
- Wer ist der Erzähler in dieser Szene?
- Wer ist die Perspektivfigur?
- Wie viel weiß die Perspektivfigur?
- Was ist das Wichtigste, dass der Leser zu Beginn dieser Szene wissen sollte?
- Willst du, dass der Leser sich mitten in der Handlung wiederfindet (Aktion), oder lieber etwas mehr Abstand zu den Geschehnissen hat? (Exposition, Setting)
Zeit und Distanz vom Ende der letzten Szene und dem Anfang der aktuellen Szene
- Benötigt es Exposition, um den Sprung in Zeit und Raum zu erklären?
- Benötigt es der Beschreibung des Settings, um den neuen Ort zu etablieren?
- Oder beginnt die Szene sofort nach den Ereignissen der vorangegangenen Szene, ohne dass ein Übergang notwendig ist? (Aktion)
- Wo befindet sich das Kapitel im Hinblick auf die gesamte Geschichte? Befindet sich das Kapitel nah am Höhepunkt der Geschichte, sollte man einen Kapitelanfang mit Action favorisieren. Generell gilt, wenn es keine Schlüsselszene ist, kann man auch gern mit Exposition beginnen. Beginnt man jedoch einen neuen Akt oder eine neue Sequenz, ist es ebenso gut, wenn man erstmal das Setting etabliert.
6. Wann sollte ein Autor die Kapitelanfänge seines Manuskripts überprüfen?
Im ersten Entwurf sollte man jede Szene so beginnen, wie man am besten in die Geschichte kommt. Hier ist es zunächst nur wichtig, dass man es schafft, den ersten Entwurf zu beenden. Auch bei der Überarbeitung des zweiten Entwurfs sind die Szenenanfänge noch irrelevant. Es kommt in den ersten Korrekturphasen vor allem darauf an, ob die globale Geschichte funktioniert oder nicht.
Erst wenn die Geschichte soweit überarbeitet ist, dass man sich an den Feinschliff setzen kann, sollte man auch ein Auge auf die Anfänge der Szenen werfen.
Am besten legt man sich eine tabellarische Übersicht an. Wer kein Office-Programm besitzt, kann dazu auch Google Docs nutzen.
Tipp: Wenn du ein Google-Konto hast, kannst du Google Docs kostenlos verwenden. Du kannst Word-Dokumente, Tabellen, Präsentationen und Formulare anlegen: google.com/intl/de_de/docs/
Lege eine Tabelle an und schreibe in den verschiedenen Spalten auf:
- Kapitelnummer
- Szenennummer
- Szenenzusammenfassung
- Erster Satz der Szene (einfach ersten Satz der entsprechenden Szene aus dem Manuskript kopieren und in Tabelle einfügen)
- Art des Szenenanfangs (am besten mit Abkürzung arbeiten: Aktion (A), Exposition (E) oder Setting (S)
Gern kannst du dir die Tabelle unter diesem Link herunterladen und selbst für deinen Roman nutzen: zur Google Tabelle.
Wenn man die Tabelle für sein Romanprojekt ausgefüllt hat, kann man schnell erkennen, wie abwechslungsreich die Kapitelanfänge sind. Sollten sie sich stark gleichen, überlege, ob du nicht ein paar Szenenanfänge ändern kannst.
Wenn bereits ausreichend Abwechslung in den Anfängen ist, kann man überlegen, ob diese Art des Szenenanfangs der beste für die jeweilige Szene ist.
Im Folgenden gebe ich dir ein paar Tipps, worauf man achten kann, wenn sich die Szenenanfänge zu sehr gleichen:
6.1 Zu viele Kapitel, die in medias res starten:
Beginnen zu viele Szenen mit Dialog oder mit einer Figur in Aktion, kann man auf diese Punkte achten:
Setzt man mit Vorliebe Cliffhanger?
Cliffhanger beziehen sich darauf, dass man Szenen im Moment der Krise beendet. Die Reflektorfigur steckt in einem Dilemma und steht vor einer Entscheidung. Aber wie sie sich entscheidet, wird auf den Beginn der nächsten Szene gelegt. Selbst in jedem spannungsgeladenen Roman, wo die Seiten nur so dahin fliegen, ist eine Überzahl an diesen Action-Anfängen ermüdend für den Leser. Ein bisschen Abwechslung mit Hilfe eines Beginns mit Exposition oder Setting kann dem Leser wieder zu Atem kommen lassen.
Beginnt man mit Action, aber erklärt danach die Vorkommnisse?
Vor allem im ersten Entwurf und bei Schreibanfängern findet man dieses Problem. Zuerst beginnt die Szene in medias res und danach wird erstmal erklärt, was vorher passiert ist.
Beispiel:
»Jack, jetzt habe ich dich. Du entkommst mir nicht mehr!«, sagte der Glatzkopf. Seine beiden Komplizen hatten Jack auf dem Weg zur Arbeit abgefangen und zu ihm in die Bar gebracht.
Wer mehrfach Handlungen erklärt, nachdem sie passiert sind, wählt wahrscheinlich den falschen Beginn für seine Szenen. Dieses Problem entstammt der fälschlichen Annahme, dass jede Szene einen aktiven Anfang braucht.
Und wer in seinem ersten Entwurf, gern Szenen mit Dialogen oder inmitten der Action beginnt, sollte in der Überarbeitungsphase seine Wahl für jede Szene noch einmal überprüfen.
6.2 Zu viele Kapitel, die mit Exposition starten:
Wenn man zu viele Szene mit Exposition beginnt, läuft man der Gefahr aus, dass sich der Leser so fühlt, als kaute er auf einer Schuhsohle herum.
Hier sollte man vor allem darauf achten, dass:
- man nicht sämtliche Szenenübergänge beschreibt, die eine Figur von einem Ort zum nächsten bringen
- nicht alles erklärt, was bei einem Zeitsprung in der zwischenzeit so alles ›belangloses‹ passiert ist.
Im Lektorat sollte man sich fragen, ob all diese Informationen für den Leser und für sein Verständnis der Geschichte wirklich notwendig sind. Oder kann man sie streichen?
6.3 Zu viele Kapitel, die mit der Beschreibung des Settings beginnen:
Vor allem in Fantasy-Geschichten passiert es häufig, dass sich Autoren in ihrer neu geschaffenen Welt verlieren. Mit jedem Kapitelbeginn beschreiben sie neue Details ihrer Welt. Meist wird hier das Setting mit Handlung missverstanden.
Wer Beschreibungen liebt, sollte bei jeder Szene darauf achten, wie lange es dauert, bis das erste aufregende Ereignis geschieht (= das auslösende Ereignis). Sollte die Szene über gar kein Ereignis verfügen, funktioniert sie auch nicht und kann gestrichen werden.
Außerdem ist es nicht notwendig, ein und denselben Ort mehrfach zu beschreiben.
Wer viel mit Beschreibungen beginnt, ist sich wahrscheinlich unsicher, wie er an die letzte Szene anschließen soll. Wenn das bei dir der Fall ist, versuche diese Fragen zu beantworten:
- Besaß die letzte Szene eine Auflösung?
- Endete sie positiv oder negativ für die Reflektorfigur?
- Was ist das nächste Ereignis, das geschehen muss?
- Muss das Ereignis vor den Augen des Lesers geschehen, oder kann darauf Bezug genommen werden?
- Wie viele Informationen kann man überspringen, bis das nächste Ereignis eintreten kann?
Auch hier gilt natürlich, dass man sehr wohl auch mal mit einer Beschreibung des Settings beginnen kann. Aber bei jedem Szenenbeginn sprechen wir von dem ersten Satz der Szene. Und dieser erste Satz hat mehr als nur den Zweck, der Anfang der Szene zu sein.
Zum Beispiel kann man einen neuen Ort oder eine neue Jahreszeit durch die Sinne einer Reflektorfigur wiedergeben. Somit etabliert man die Figur und gibt zugleich dem Leser einen Orientierungspunkt, wo und in welcher Zeit er sich gerade befindet.
7. Aus dem Bücherregal: Beispiele von Kapitelanfängen
Im folgenden werde ich 30 Szenenanfänge von 10 Romanen aus meinem Bücherregal untersuchen, damit man besser verstehen kann, wie diese drei unterschiedlichen Kapitelanfänge in der Praxis aussehen können:
10 Romane. 30 erste Sätze der Kapitel nach Action, Setting und Exposition definiert.
Hier sind die Beispiele:
7.1 Patrick Süskind, Das Parfüm (Thriller, Weltanschauung, Fantasy, Drama)
Im achtzehnten Jahrhundert lebte in Frankreich ein Mann, der zu den genialsten und abscheulichsten Gestalten dieser an genialen und abscheulichen Gestalten nicht armen Epoche gehörte. (S. 5, erster Teil)
Exposition: Wenn ein Erzähler spricht, ist es so gut wie immer eine Erklärung, um den Leser in die Geschichte zu holen.
Dabei besaß er, objektiv gesehen, gar nichts Angsteinflößendes. (S. 31, #5)
Exposition: Auch hier hören wir die Stimme des Erzählers heraus. Seine Schlussfolgerung ist ein subjektives Urteil und somit immer auch Exposition. Es werden also subjektive eindrücke oder Informationen an den Leser weitergegeben.
Aber dann eines Tages im März, saß Richis im Salon und sah, wie Laure hinaus in den Garten ging. (S. 257, #42)
Action: Zwar befindet sich in diesem Kapitelanfang auch eine kurze Einführung des Settings (Zeitsprung im Roman zum Monat März), aber das Momentum der Szene liegt in der aktiven Handlung von Richis und Laure.
Die Nachricht vom Mord an Laure Richis verbreitete sich so schnell im Grasser Land, als hätte es geheißen ›Der König ist tot!‹ oder ›Es gibt Krieg!‹ oder ›Die Piraten sind an der Küste gelandet!‹, und ähnlichen, schlimmeren Schrecken löste sie aus. (S. 282, #47)
Setting: Beim Beginn mit dem Setting gibt es die größte Distanz zwischen Figur und Leser. Man kann sagen, dass der Erzähler wie von einem erhöhten Standpunkt die Szenerie beobachtet und ein paar Dinge herausstellt. So ist es auch hier. Die Figur Jean-Baptiste Grenouille kann unmöglich nachverfolgen, wie sich diese Nachricht durch das gesamte Land verteilt.
7.2 Julia K. Stein, All I Want for Christmas (Lovestory, Weltanschauung, Realismus)
Sie standen in einem eindrucksvollen, aber gemütlichen Eingangsportal mit mehreren großen Kaminen. (S. 141, #8)
Setting: Die Handlung hat noch nicht begonnen, aber der Leser kann vor seinem geistigen Auge sehen, wo sich die Szene abspielen wird.
Hunter war den ganzen Tag wie benebelt herumgelaufen. (S. 207, #14)
Exposition: Der erzählerische Szenenbeginn erklärt etwas über die Figuren, bevor die Handlung der Szene beginnt. Der Leser ist nah an der Handlung, aber noch nicht mittendrin. Die zeitliche Angabe ›den ganzen Tag‹ deutet darauf hin, dass hier nur etwas zusammengefasst wird.
7.3 Frank Goldammer, Tausend Teufel (Krimi, historisch, Realismus)
Erstaunt und doch seltsam befriedigt verließ Heller das Polizeirevier in der Katharinenstraße. (S. 185, 9. Februar 1947, früher Nachmittag)
Action: Obwohl die ersten Worte auf Exposition deuten, bringt uns die Handlung direkt ins Geschehen ›verließ Heller‹. Auch das Setting wird bei diesem Kapitelbeginn wunderbar kurz etabliert.
Das hohe Gebäude empfing ihn dunkel und kühl. (S. 247, 10. Februar 1947, früher Nachmittag)
Action oder Setting? Ich tippe auf Setting, da ein Gebäude keine aktive Handlung wie jemanden zu empfangen ausführen kann.
Es war eine weite Strecke, die Karin und Max an diesem Abend zu Fuß zurücklegen mussten. (S. 299, 11. Februar 1947, abends)
Exposition: Auch wenn mit ›weite Strecke‹ ein Teil vom Setting preisgegeben wird und die beiden Figuren laufen, ist dieser Beginn eher eine Zusammenfassung des Erzählers.
7.4 Sarah Noffz, Hör auf dein Herz (Lovestory, Weltanschauung, Realismus)
Die fertig gepackten Kisten werden im Flur immer mehr, sodass wir uns nur noch durch Klettern von einem Zimmer zum anderen bewegen können. (S. 86)
Setting: Das Klettern ist zwar eine Aktion, aber wir erleben die Figuren nicht dabei, wie sie gerade über eine Kiste steigen. Dieser Szenenbeginn veranschaulicht die häuslichen Umstände, in welcher sich die Figuren befinden.
Ich weiß nicht, wie lange ich hier schon sitze und vor mich hinstarre, als ich auf einmal von etwas am Bein angestupst werde. (S. 223)
Exposition oder Action? Ich tippe auf Action, weil mit ›auf einmal angestupst‹ der Leser mit der Figur in die Handlung hineinkatapultiert wird.
7.5 Melanie Naumann, Der Fedora Attentäter (Thriller, Weltanschauung, Realismus, Drama)
Auf dem Seitenweg, der entlang des weißen Palisadenzaunes um das Elternhaus der Familie Montez White führe, stapfte Luke zu den Mülltonnen und schmiss die Tageszeitung hinein. (S. 49, 13:27 Uhr)
Action: Die Szene beginnt zwar mit einer kurzen Beschreibung des Settings, aber wir können förmlich hören, wie die Zeitung in die Tonne fliegt. Wir sind direkt bei der Figur und verfolgen ihre Handlungen.
»Wie können die nur so verblendet sein?«, rief Luke, nachdem er einen mehrstündigen Besprechungsmarathon mit der Sonderkommission ertragen hatte. (S. 148, 19:37 Uhr)
Action: Wir haben zwar Exposition, die dem Leser den Zeitraffer verdeutlicht, aber Dialog ist immer ein Beginn in medias res.
Im weißen Krankenhaushemd, barfuß und mit zerzaustem Haar stand Marly wie ein Geist im Korridor. (S. 190, 03:41 Uhr)
Setting, Exposition oder Action? Man könnte annehmen, es ist Exposition, weil die Aussage ›wie ein Geist im Korridor‹ auf die Meinung des Erzählers zurückführbar wäre. Aber vielmehr ist es eine Zusammenstellung von mehreren Beschreibungen, die alle ein gemeinsames Bild erzeugen: die weibliche Figur sichtlich nicht okay inmitten des Korridores. Allerdings stehen wir bei diesem Szenenbeginn kurz vor oder schon in einer Aktion. Marly steht in diesem Korridor. Wir wissen nicht wie lange sie dort schon steht, aber die erste Annahme ist, dass eine Bewegung folgen wird. Dieser Szenenanfang, so kurz wie er ist, beinhaltet alle drei Szenenanfänge.
Nach mehreren Minuten legte sich der Nebel und entblößte ein Gerippe aus Schutt und Trümmern. (S. 240, 13:33 Uhr)
Setting: Auch hier kann der Nebel keine aktive Handlung ausführen. Die Wortwahl dient allein der Beschreibung des Settings.
7.6 Simon Kernick, Gnadenlos (Thriller, Realismus, Drama)
Bolt und Mo waren auf dem Weg zurück ins Hauptquartier gerade bei Heathrow von der M4 abgefahren, als Bolt einen weiteren Anruf erhielt. (S. 94, #11)
Action: Settingbeginn zunächst, aber mit dem Einschub von ›als‹ wird in das momentane Geschehen übergeleitet.
Es war kurz nach drei Uhr morgens, und die Straßen waren wie ausgestorben. (S. 247, #34)
Setting oder Exposition? Die ›Straßen waren wie ausgestorben‹ kann eine subjektive Empfindung des Erzählers sein, aber sie dient hier um das Setting klarer hervorzustellen, daher sage ich Setting.
Als Bolt die Anhöhe erreicht hatte, hielt er an und lauschte, konnte aber nichts als die natürlichen Geräusche des Waldes vernehmen: raschelndes Laub, Vogelgesang, das gelegentliche Krähen eines Fasans. (S. 302, #44)
Action: Das Wort ›als‹ setzt den Übergang von einer vorangegangen Handlung in das Momentum der Szene.
7.7 Melanie Neubert, Angus (Action, Weltanschauung, Sci-Fi Fantasy Dystopie)
Regen prasselte seit Tagen auf die vor Trockenheit aufgerissene Erde. (Kindle, Position 1794)
Exposition: Die Zeitangabe ›seit Tagen‹ deutet auf einen erzählerischen Anfang hin.
Tagelang wandte Angus all seine Kraft dafür auf, zu Armida zu gelangen, doch der hintere Bereich des Raumschiffs war hermetisch von allen anderen abgeriegelt. (Kindle, Position 3634)
Exposition: Wie zuvor, die Zeitangabe ›tagelang‹ deutet auf den erzählerischen Anfang hin.
Die Maschine ratterte durch den Stoff. (Kindle, Position 5411)
Action: Unsere Sinne werden nicht nur angesprochen, sondern auch alarmiert. Etwas geht gerade vor sich. Man muss aufpassen.
7.8 Phillip P. Peterson, Transport (Action, Moral, Sci-Fi Fantasy, Drama)
Am Flughafen standen zwei Jets nebeneinander. (Kindle, S. 14, 2. Flug nach Nevada)
Exposition oder Setting? Es wird hervorgehoben, welcher Bereich des Flughafens relevant für die kommende Handlung ist, ohne den gesamten Flughafen zu beschreiben. Das kann natürlich nur der Erzähler wissen. Ich tippe aber auf Setting, da kein Bezug auf eine Figur genommen wird, denn beim Settingbeginn ist zumindest temporär die Umgebung wichtiger als die Figur.
Nach wenigen Stunden trafen sie wieder in der Sphäre zusammen, um Albert eine gute Reise zu wünschen. (Kindle, S. 150, 15. Albert)
Exposition: Zwar wünschen die Figuren Albert eine gute Reise, aber wir erleben die Situation nicht mit den Figuren. Klopfen Sie Albert auf die Schulter? Geben sie ihm einen Handschlag? Winken Sie? Das erfahren wir nicht, weil diese Zusammenfassung eines vorangegangenen Ereignisses nur die Szene einleitet.
Soldaten hatten die benötigte Ausrüstung bereits in den Transporter geschafft. (Kindle, S. 243, 30. Kommando)
Exposition: Das Wort ›bereits‹ deutet darauf hin, dass diese Aktion bereits geschehen ist. Sie liegt demnach nicht mehr im Momentum der Szene, sondern ist ihr vorausgegangen.
7.9 J.R.R. Tolkien, Der Herr der Ringe (Action, Weltanschauung, Fantasy)
Als Herr Bilbo Beutlin von Beutelsend ankündigte, dass er seinen bevorstehenden einundelfzigsten Geburtstag mit einem rauschenden Fest zu feiern gedenke, begann in Hobbingen ein erregtes Getuschel. (1. Kapitel, Ein lang erwartetes Fest)
Exposition: Auch wenn hier das Setting für die Geburtstagsfeier vorbereitet wird, ist dieser Satz ein erzählerischer Anfang. Die Verkündung der bevorstehenden Feier liegt in der Vergangenheit. Der Leser erhält einen allgemeinen Eindruck, aber ist nicht mittendrin im Geschehen. Wir sehen also nicht, wie Bilbo die Einladungen veteilt oder wie Lobelia Sackheim-Beutlin das Getuschel vernimmt, während sie auf ihre Einladung wartet.
Die Schatten der Bäume lagen lang und dünn auf dem Gras, als sie sich wieder aufmachten. (3. Kapitel, Wanderung zu Dritt)
Exposition: Auch hier wird mit dem Schatten der Bäume das Setting beschrieben. Vielmehr erhält der Leser jedoch einen Eindruck der Tageszeit (Sonnenunter- oder aufgang) und weiß sogleich, dass die Hobbits ihre Rast beendet haben.
Die vier Hobbits traten über die breite steinerne Schwelle und sahen sich blinzelnd um. (7. Kapitel, In Tom Bombadils Haus)
Action: Man könnte annehmen, dass dieser Satz zum Setting gehört. Allerdings ist die Handlung eine Aktion 'sie treten über die Schwelle und sehen sich um'. Eine Beschreibung folgt erst darauf, aber zuerst hat Tolkien den Leser zurück in die Rolle der Hobbits versetzt, indem er sich mit ihren Augen umsieht.
7.10 Manuel Loureiro, Apokalypse Z (Horror, Fantasy)
Heute Morgen habe ich wieder auf CNN+ die Nachrichten über Russland geschaut. (4. Januar. 10.59 Uhr. Leicht beunruhigt.)
Exposition: Der Erzähler fasst eine Tätigkeit zusammen, um dem Leser zu berichten, was ihn beunruhigte.
Ich schreibe dies in einer Pause zwischen zwei Sitzungen auf einer Parkbank gegenüber meinem Büro. (10. Januar. 11.01 Uhr. Balanceakt)
Aktion: Auch wenn dieser Roman aus den Tagebucheinträgen des Protagonisten erzählt wird, gelingt es dem Autor, den Leser in die Situation zu holen. Als Leser schauen wir nun dem Protagonisten über die Schulter, wie er seinen Tagebucheintrag verfasst.
Die Leute werden eindeutig nervös. (12. Januar. 13.19 Uhr. Die Vögel fallen vom Himmel)
Exposition oder Setting? Ich tippe auf Setting, weil die Nervosität der Menschen die angespannte Stimmung untermauert, vor allem da sie sich unwissend auf eine Apokalypse zubewegen, von der sie noch nichts ahnen, aber der Leser schon. (Dramatische Ironie)
Vielleicht hast du Lust, auch den ersten Satz eines Kapitels in den Kommentaren zu posten, z.B. von einem Roman, den du gerade liest. So haben wir noch mehr Beispiele! Danke für deine Mithilfe!