So geht's:
Egal, welche Art von Roman oder Film, ich werde immer die folgenden Fragen zu dem jeweiligen Beispiel beantworten:
- Was ist das globale Genre?
- Was sind die Pflichtszenen und Konventionen des globalen Genres?
- Was sind die Objekte des Verlangens?
- Was ist das kontrollierende Thema?
- Was ist das erzählerische Mittel und die Erzählperspektive?
- Anfang, Mitte und Ende jeweils in ein bis zwei Sätzen zusammengefasst.
Du kennst Krieg der Klone - Band 1 noch nicht?
Vermeide, dass ich dir die Geschichte mit der folgenden Analyse spoiler, bevor du sie nicht selbst gesehen oder gelesen hast. Zu Amazon
Analyse des Romans: Krieg der Klone
bei Filmen: DVD
bei Filmen: Blu-Ray
Hinweis: Die Einordnung des Genres erfolgt nach dem Story Grid. Mehr dazu in dem Beitrag: Buch & Genre.
1. Was ist das globale Genre?
Krieg der Klone ist ein Sci-Fi Roman (Realität: Fantasy), nach der Heldenreise mit dem globalen Genre Krieg-Bruderschaft als primärem Genre und Moral – Erlösung als sekundärem, internen Genre.
Ich gehe sogar soweit mit, dass man Krieg der Klone durchaus als einen Sci-Fi Horror Kriegsroman einordnen könnte. Die Gründe hierfür sind die folgenden:
- Es steht weitaus mehr als Leben und Tod auf dem Spiel. Die Rekruten haben buchstäblich durch ihren inneren Computer sehen können, wie Aliens andere Soldaten gegessen haben. Für mich ist das klar ein Schicksal, das weitaus schlimmer als der Tod ist.
- Der Antagonist ist kein Mensch. Er ist ein Monster. Ein Monster, das in einer Handvoll von verschiedenen Alienrassen beschrieben wird, für die der Mensch auf dem Speiseplan steht..
- Wenn wir die Horrorgeschichte weiter klassifizieren, wäre es in der Subkategorie: Horror – unheimliches Monster. Das Monster ist keine übernatürliche Kraft. Es ist real. Es ist vom Bösen besessen. Es tötet Menschen und man kann mit den vielen menschenmordenden Rassen keine Diplomatie starten. Sie wollen töten. Sie wollen die Kolonien zerstören.
- Der Protagonist will am Leben bleiben. Dazu braucht er die Gewissheit, dass das Leben noch immer lebenswert ist (Vor allem in diesem Roman, wo die Soldaten in ihren neuen Körpern nicht mehr 100% menschlich sind, sondern gentechnisch verändert wurden).
- Es besteht ein enormer Kräfteunterschied zwischen Protagonist und Antagonist. Selbst wenn der Protagonist John Perry einen genmanipulierten Körper besitzt, ist er noch immer langsamer und schwächer als z.B. die Geisterbrigade.
Anmerkung: Die Geschichte ist keine Action-Geschichte, weil sich der Roman um mehr als das grundlegende, physiologische Bedürfnis von Nahrung, Unterschlupf und Fortpflanzung dreht. Im Genre Krieg geht es um Sicherheit. Können wir unsere Gesellschaft, unsere Stadt, unser Volk und unsere Familie beschützen? Das ist ein sehr starkes Bedürfnis. Wir wollen, dass wir uns sicher fühlen. Und im Genre Krieg wird unsere Sicherheit auf einem globalen Level bedroht. Es ist nicht nur ein Dieb, der vor der Tür lungert, sondern es ist eine einmarschierende Armee.
Das Genre Krieg ist der Zusammenprall von verschiedenen Ideologien, Kulturen und Gesellschaften. Hier geht es um Sieg oder Niederlage. Um Ehre oder Schande.
Für das interne Genre könnte man argumentieren, dass es eine Status-Geschichte ist. Immerhin steigt John Perry in seinem Rang als Soldat auf. Aber Perry strebt nicht nach Ruhm, Ehre und Erfolg. Für ihn sind seine Kameraden das Wichtigste. Er empfiehlt sogar lieber seine Rekruten, als selbst ausgezeichnet zu werden.
Ich setze auf Moral-Erlösung. John Perry handelt eigennützig. Er lässt seinen Sohn und dessen Familie (seine Enkelkinder) auf der Erde zurück, um dem Tod zu entgehen. Er tritt nicht bei, weil er in einem Krieg kämpfen will. Er möchte leben. Am Ende des Romans ist er bereit, sein Leben für das von Jane Sagan zu opfern.
2. Anfang, Mitte und Ende der Geschichte kurz zusammengefasst.
Anfang: Wenn der Witwer John Perry mit seiner Frau im Alter von 65 Jahren sich dazu bereiterklärt, mit 75 Jahren der Armee beizutreten, aber die Frau vorher stirbt, muss er sich entscheiden, ob er ohne sie der Armee beitritt oder wartet, bis er alt ist und stirbt. Er entscheidet sich, einzutreten, und erhält einen neuen, jungen, genmanipulierten Körper für den Kampfeinsatz.
Mitte: Wenn John Perry als Soldat ausgebildet wird und lernt, dass die Aliens menschenfressende Mörder sind, die ihn selbst zu einem emotionslosen Killer werden lassen, muss er sich entscheiden, ob er zu einer Kampfmaschine werden will oder ob er an seiner Menschlichkeit festhält. John kämpft weiter und plant, dass er es zu etwas bringen kann, der in Zukunft mehr Einfluss auf Entscheidungen nehmen kann.
Ende: Wenn John der einzige Überlebende nach einem verheerenden Angriff ist, findet er heraus, dass der Körper seiner Frau von einer gewissen Jane Sagan genutzt wird, die ihm einen Platz bei den Special Forces sichert, damit sie mehr über seine Frau herausfinden kann. John muss sich entscheiden, ob er mit Jane einen lebensgefährlichen Angriff auf eine Alienrasse durchführt oder ob er sich zu einem anderen Planeten abkommandieren lässt. Er tritt freiwillig dem Einsatz bei und rettet Jane und ein wichtiges Gerät voller neuer technologischer Erkenntnisse, wofür er ausgezeichnet wird.
3. Was sind die Pflichtszenen und Konventionen des globalen Genres?
Globales Genre: Krieg
P.S. Entschuldigt eventuell die Namen. Ich habe die englische Originalausgabe gelesen und weiß nicht, wie die genaue dt. Übersetzung ist.
- Szene: Eine aufregende Attacke, welche die Moral des Protagonisten herausfordert. Diese Attacke muss den Protagonisten unter Druck setzen.
Der Roman benötigt sehr lange, um die alte Welt des Protagonisten darzustellen, als auch die neue, bis er sich in seinem neuen, genmanipulierten Körper befindet. Die erste Attacke kommt somit nicht vor Teil 2 des Buches, wo Master Sergeant Antonio Ruiz die Aufnahme zeigt, wo sein Vorgesetzter von Aliens aufgefressen wird. Die Herausforderung an die Moral des Protagonisten ist es einzusehen, dass man mit den Aliens kein Mitleid haben darf. Sie sind menschenfressende Monster. (Kapitel 8) - Szene: Der Protagonist verweigert die Verantwortung, etwas dagegen zu unternehmen.
Der Rekrut Thaddeus Bender war früher einmal in der Politik. Er vertritt die Ansicht, dass man mit den anderen Rassen Diplomatie versuchen muss. John steht ihm nicht zur Seite, nachdem sie den Planeten der Whaidians angegriffen haben und Bender darauf eine religiöse Zeremonie unterbricht, um zu sagen, dass er wie die Whaidians nach Frieden trachtet. Bender wird von ihnen ermordet. (Kapitel 10) - Szene: Die Ablehnung der Verantwortung erschwert die Geschichte. Der Ruf des Abenteuers kommt ein zweites Mal, aber in einer anderen Form. (Meist erfordert es ihn, für etwas oder jemand anderes zu kämpfen.)
Nach dem Angriff auf die Winzlinge der Covandu, welche die Soldaten mit ihren Füßen zertreten konnten, plagen John Perry Gewissensbisse. John bezeichnet sich selbst als Monster. Er sieht ein, dass er sich daran erinnern muss, was ihn menschlich machte: jemanden etwas zu bedeuten. (Kapitel 11) - Szene: Der Protagonist wird zu einer Antwort gezwungen und er schlägt aus, je nach der Position in der Machthierarchie.
John Perry konfrontiert die Soldatin der Geisterbrigade Jane Sagan (die wie seine verstorbene Frau aussieht) mit einem Hochzeitsfoto von ihr und ihm. (Kapitel 14) - Szene: Jeder Protagonist findet heraus, was das Objekt des Verlangens seines Antagonisten ist.
Nach der verheerenden Attacke auf Coral, gelangte man zu der Einsicht, dass die Rraeys eine Technologie von den Condu erhalten haben müssen (Tachyon), die genaue Position der Schiffe der Menschen zu erkennen, bevor sie in deren Universum landen. Die Fragen an die Condu bestätigen den Verdacht und führen zu der Erkenntnis, dass die Condu die Entwicklung anderer Rassen zu besseren Kriegern sehen wollen. (Kapitel 16) - Szene: Die erste Strategie des Protagonisten schlägt fehl, den Antagonisten zu besiegen.
Das ist der erste Angriff auf die Rraeys, wo ca. 95.000 Soldaten sterben und man über 62 Kriegsschiffe verliert. (Kapitel 12) - Szene:: Es gibt einen klaren Punkt, wo es kein Zurück mehr gibt, als der Protagonist den unvermeidbaren Tod akzeptiert.
Bei dem ersten Angriff auf die Rraeys fordert Perry von seiner Pilotin, dass sie das Protokoll ignoriert, und das Transport-Shuttle vom Mutterschiff abspalten lässt. Ohne Triebwerke können sie nicht manövrieren. Gleichzeitig kann der Feind sie sofort vom Himmel schießen, wenn sie nicht mehr fallen. Perry akzeptiert in diesem Moment, die Chance zu überleben, als auch zu sterben. (Kapitel 12) - Szene: Der Protagonist sieht ein, dass er seine Herangehensweise ändern muss, um eine Form von Erfolg zu erzielen. (Es ist sein Alles-Ist-Verloren Moment, der sich einschlagend darauf auswirkt, ob er sein Schicksal akzeptiert oder resigniert.)
John Perry entscheidet sich dazu, nicht zurück nach Phoenix geschickt zu werden. Er will zusammen mit der Geisterbrigade gegen die Rraeys kämpfen, um auch Jane Sagan eine Hilfe zu sein, so gut er kann. (Kapitel 16) - Szene: die große Schlacht. (Ausdruck oder Zerstörung der Gabe des/der Protagonisten. Sie entdecken ihren moralischen Kompass oder sie wählen den unmoralischen Weg.)
John Perry weiß, dass er mit Jane Sagan irgendwann einmal eine Farm bewirtschaften will. Er kämpft für sie und ihre Zukunft gegen die Rraeys auf dem Planeten Coral, wo die große Schlacht zwischen Mensch und Rrayes ausgebrochen ist, um den Tachyon in menschliche Hand zu bekommen. (Kapitel 17) - Szene: Der/die Protagonisten werden auf mindestens einem Level für ihr Opfer belohnt. Sie erreichen Ehre oder Schande.
John Perry erhält eine Einladung von Jane, dass sie gern mit ihm eine Farm haben möchte. Zudem ist er das Gesicht der PR-Kampagne für die neuen Rekruten. (Kapitel 18)
- Konvention: eine zentrale Perspektivfigur zusammen mit Nebenfiguren, die jeweils einen Teil der Persönlichkeit der Hauptfigur in sich tragen.
Zentrale Perspektivfigur: John Perry
Nebenfigur: Sergeant Antonio Ruiz: Teil Perry’s Jobvergangenheit
Nebenfigur: Jane Sagan: Erinnerung an verstorbene Frau Kathy
Nebenfigur: Arzt Thomas: Liebe zu Essen. Diagnose-Fähigkeit.
Nebenfigur: Harry: Dinge verstehen, die unerklärbar sind. - Konvention: Große Spielfläche (entweder eine große externe Umgebung oder eine starke innere Landschaft des Protagonisten)
Die Handlung des Romans findet in multiplen Universen statt. Größer geht es wahrscheinlich nicht. - Konvention: Unüberwindbare Chancen (Schon Krieg allein ist ein scheinbar unmöglicher externer Konflikt. Und der Protagonist muss sich der beinah unüberwindbaren Möglichkeit stellen. Meist ist das Team auch in der Unterzahl.)
Die anderen Alienrassen werden von Beginn an als Monster dargestellt. Der Kampf gegen die Rraeys, die über 95.000 Menschen töten, sowie die technologische Übermacht der Consu demonstriert, wie gering die Chance auf Erfolg sind. - Ein klarer Punkt ohne Wiederkehr. (An diesem Punkt akzeptieren die Kameraden die Unvermeidbarkeit, dass sie sterben werden.)
Es ist eine Selbstmordaktion zurück in den gegnerischen Luftraum zu fliegen, das Schiff explodieren zu lassen und in kleinen schützenden Atmosphärenkugeln auf den Planeten Coral herunterzustürzen, um dort am Boden den Tachyon zu finden und sicherzustellen, der von zahlreichen Rraeys beschützt wird. - Das Opfer für den Moment der Bruderschaft. Ein Protagonist opfert sich zum Wohl seiner Kameraden.
Derjenige, der auf dem Schiff blieb, als es von den Rraeys beschossen wird, opfert sich für seine Kameraden, damit sie unentdeckt auf den Planeten Coral kommen.
4. Was sind die Objekte des Verlangens?
Externes Objekt des Verlangens: John Perry will über den Verlust seiner Frau hinwegkommen, indem er ihren gemeinsamen Wunsch ehrt, und sich für ein neues Leben im Dienste der Armee entscheidet. (Moral)
Internes Objekt des Verlangens: John Perry muss einsehen, dass er im Krieb Bedeutung finden kann, vor allem durch die Tapferkeit und die Aufopferung seiner Kameraden. (Krieg)
5. Was ist das kontrollierende Thema?
Krieg ist gerechtfertigt und sinnvoll, wenn er gegen einen wirklich bösen Feind geführt wird, der die menschliche Rasse vernichten will.
6. Was ist das erzählerische Mittel und die Erzählperspektive?
Der Erzähler ist gleichzeitig die zentrale Perspektivfigur John Perry. Der Roman wird aus der Ich-Perspektive erzählt und somit begleiten wir den Protagonisten Perry auf all seinen Erlebnissen, ohne je etwas zu erfahren, wovon er noch nichts ahnt.
Durch die Erzählperspektive des Ich-Erzählers ist es nicht möglich, dramatische Ironie zu erzeugen (= der Leser weiß mehr als der Protagonist.) Zu jeder Zeit befinden wir uns bei Perry. Die Handlung wird vor allem durch das narrative Mittel Mystery vorangetrieben (= der Erzähler weiß mehr als der Leser) und durch Spannung (= der Erzähler und der Leser besitzen den gleichen Kenntnisstand). Immerhin können wir genauso wenig beurteilen, in welche Schlacht Perry geschickt wird noch wie seine Überlebenschancen aussehen.
Die narrative Distanz bleibt nah an John Perry. Er erfährt z.B. von dem Tod seiner Freunde und erzählt, wie diese ums Leben kamen. Aber wie bleiben immer bei ihm.