Analyse des Romans: Das Parfüm


Du willst deinen besten Roman schreiben? Dann lerne mit Hilfe der globalen Analyse von Geschichten, wie man die Erwartungen der Leser erfüllt.

Das Parfüm von Patrick Süskind

02. Jun 2019 0
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So geht's:

Egal, welche Art von Roman oder Film, ich werde immer die folgenden Fragen zu dem jeweiligen Beispiel beantworten:

 

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Analyse des Romans: Das Parfüm

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Hinweis: Die Einordnung des Genres erfolgt nach dem Story Grid. Mehr dazu in dem Beitrag: Buch & Genre.


Das Parfüm von Patrick Süskind - Analyse des Romans: Das Parfüm

1. Was ist das globale Genre?

Es ist ein historischer Fantasy-Roman nach der Heldenreise mit dem globalen Genre Serienmörder-Thriller als primäres Genre und Weltanschauung – Ernüchterung als sekundäres, internes Genre. Es gibt auch ein starkes gesellschaftliches Genre (historisch, politisch), besonders wenn man das Setting betrachtet.

 

Wie kann ich feststellen, dass die Geschichte primär ein Thriller ist?

Thriller Das Parfüm - Werte des GenresHierfür muss man herausfinden, auf welcher Skala sich die Schlüsselszenen bewegen.

Das Buch beginnt mit Jean-Baptiste Grenouilles Geburt, der von seiner Mutter unter einem Fischstand geboren wird und dort von ihr zum sterben zurückgelassen wird, wo er mit den Innereien der Fische weggeräumt werden soll. Wie viel näher kann man als Mensch an Verdammnis kommen, wenn man mit einem Baby auf diese Art und Weise umgeht?

Wir sehen also, dass hier das Schicksal angesprochen wird, das schlimmer als der Tod ist: Verdammnis. Und Grenouille ist von Anfang an verdammt. Verdammt zu einem Leben, wo ihn keiner als die Person sehen will, die er wirklich ist. Sein gesamtes Leben und seine Taten richten sich alle nach diesem einen Bedürfnis aus.

 

2. Was sind die Pflichtszenen und Konventionen des globalen Genres?

Globales Genre: Thriller

  • Szene: Ein aufregendes Verbrechen, das auf einen starken Bösewicht hindeutet. Es muss Opfer geben.
    Das Verbrechen ist der erste Mord, den Grenouille begeht. Er riecht ein Mädchen von der anderen Seite des Flusses aus, als wäre er ein Hund, der auf der Jagd ist. Als er sich ihr nähert, merkt sie seine Anwesenheit nicht (Indiz auf seine eigene Geruchlosigkeit und Unauffälligkeit), bis sie seinen Atem in ihrem Nacken spürt. Ohne Probleme kam er so nah an sie heran, dass er sie unbemerkt erwürgen konnte. Ihren Duft bewahrt er in seinem Gedächtnis.

  • Szene: Anpreisung des Schurken. (Entweder durch eine Figur in der Geschichte oder durch eine Offenbarung, welche die Brillanz oder Gerissenheit des Bösewichts anpreist.)
    In diesem Buch gibt es viele Lobreden über Grenouille. In Kapitel 3 vergleicht der Erzähler Grenouille (zu diesem Zeitpunkt nur ein Baby) mit einer Zecke und lobt seinen Widerstand, seine Geduld und seine Fähigkeit, seine Opfer zu riechen. In Kapitel 42 kommt Antoine Richis zu dem Schluss, dass der Grasse Mörder nicht destruktiv, sondern ein sehr vorsichtiges und sammelndes Wesen ist, das sowohl einen vorzüglichen Geschmack als auch ein System besitzt.

  • Szene: Der Held / die Heldin wird zum Opfer. (Eine Szene muss deutlich zeigen, dass der Antagonist seine Verbrechen persönlich werden lässt und das der Held / die Heldin zum primären Opfer wird.)
    Grenouille ist von Anfang an das Opfer der Gesellschaft um ihn herum. Ungeliebt, weitergegeben, fast getötet, verkauft und nie als die Person anerkannt, die er ist. Obwohl Grenouille der Serienmörder ist und daher für die Rolle des Antagonisten eher geeignet erscheint, sehe ich ihn als den Protagonisten, der den antagonistischen Kräften der Gesellschaft zum Opfer fällt.

  • Szene: Der Held in der Gnade des Schurken. (Das ist die wichtigste Szene im Thriller. Es ist der Moment, wo sich der Held / die Heldin in ihrem Alles-ist-Verloren Moment befindet und seine / ihre innere Gabe zeigen muss, um den Antagonisten besiegen zu können.)
    Wenn wir die Gesellschaft als antagonistische Kraft betrachten, dann ist Grenouille der Bevölkerung von Grasse am Tag seiner Hinrichtung ausgeliefert. Und nur durch seine Fähigkeit, das perfekte gottähnliche Parfüm zu kreieren, kann er seinen eigenen Tod verhindern.

  • Szene: Falsches Ende. (Es muss zwei Enden geben!)
    Das erste Ende ist die geplante Hinrichtung von Grenouille. Das zweite Ende ist Grenouille, der nach Paris zurückkehrt und sich von den Obdachlosen töten lässt.

Das Parfüm - Analyse des Romans nach den 6 Fragen eines Story Grid Lektors 

  • Konvention: MacGuffin
    Grenouille möchte Gerüche sammeln. Zuerst nur für sich selbst und sein Gedächtnis, aber als er entdeckt, dass er keinen eigenen Geruch hat, möchte er der Gott aller Düfte werden und braucht dazu Zutaten (Geruch jugendlicher Frauen), um dieses übermenschliche Parfüm zu kreieren.

  • Konvention: Rote Herringe bei den Nachforschungen. (Es muss falsche Hinweise geben, die den Protagonisten fehlleiten)
    Der Roman handelt von Grenouilles Leben. Wie jeder Mensch in seinem Leben entdeckt Grenouille verschiedene Dinge, von denen er glaubt, dass sie genau das sind, was er tun will. Die roten Heringe sind daher die Hoffnungen, die Grenouille verfolgt, aber die ihn von dem abbringen, was er braucht.

    Zunächst will Grenouille jeden Geruch der Welt besitzen. Danach will er der beste Parfümeur werden. Dann will er nur in der Nähe seines Selbst sein und in seinem eigenen imaginären Schloss der Düfte leben (er lebt seit 7 Jahren nur in eine Höhle.) Dann will er der Gott aller Düfte sein und ein übermenschliches Parfüm kreieren, nur um herauszufinden, dass all diese Träume genau das Gegenteil von dem sind, was er wirklich will: Hass für den hasserfüllten Menschen, der er selbst ist.

    Andere Rotheringe sind zum Beispiel falsche Anschuldigungen gegen verschiedene Gruppen der Gesellschaft, die für die Grasse-Morde verantwortlich gemacht werden, oder die Vermutung, dass der Grasse-Mörder in Grenoble tötet. Obwohl diese Hinweise auf die Verbrechen von Grenouille zurückzuführen sind, wird der Leser nicht irregeführt, weil er weiß, dass Grenouille der Serienmörder ist.

  • Konvention: Es muss persönlich werden. (Der Bösewicht braucht den Helden, um sein MacGuffin zu bekommen. Daher wird der Held zum Opfer des Schurken, sodass dieser bekommen kann, was er will.)
    In all den schlimmen Dingen, die das Leben Grenouille entgegen schmettert, kämpft er um sein Leben. Er steht so vieles aus. Grenouille ist der Held, der Bösewicht und das Opfer in einer Person, weil er triumphiert, er leidet und Schmerzen verursacht. Beim Versuch, das übermenschliche Parfüm herzustellen (ein Geruch für sich selbst, weil er ohne Geruch ist), treibt er sich selbst an. Er missbraucht den Teil von sich, der einfach nur Parfümeur sein wollte und den, der in seinen Träumen weit weg von den Menschen leben wollte. Er treibt den harmlosen Menschen zurück in die Welt, um seinen eigenen Geruch erzeugen zu können. Von diesem Punkt an, obwohl er bis dahin nur einmal mordete, führt ihn sein Weg eine dunkle Straße hinab, wo er nicht nur wie alle anderen Menschen riechen möchte, sondern er möchte ihr Gott werden und geliebt werden.

    Wenn wir die Gesellschaft als die antagonistische Kraft betrachten, verwendet jede Person Grenouille nur, um das eigene MacGuffin zu erreichen. Baldini möchte der beste Parfümeur werden; Taillade-Espinasse (Marquis) möchte seine Fluidaltheorie beweisen, und Druot in Grasse nutzt Grenouille, um gut auszusehen, sodass er mehr Zeit im Bett von Madame Arnulfis verbringen kann.

  • Konvention: Lauf gegen die Zeit. (Held / Heldin hat nur begrenzt Zeit, um zu handeln.)
    Sobald Antoine Richis herausfindet, dass der Grasse-Mörder den Tod seiner Tochter für den Schluss aufgehoben hat, verlässt er Grasse mit seiner Tochter Laure. Grenouille bemerkt, dass ihr Duft schwächer wird, und folgt ihr sofort, bevor er ihren Duft verliert und somit die Gelegenheit, ihren Geruch für die Schaffung des übermenschlichen Parfüms zu ernten.

 

3. Was sind die Objekte des Verlangens?

Externes Objekt des Verlangens: Grenouille möchte sein Inneres zum Ausdruck bringen, weil er es für wunderschön hält. Mehr als alles, was die Außenwelt sonst besitzt. Er will ein übermenschliches Parfüm kreieren, das die Menschen dazu bringt, ihn zu lieben. (Liebe)

Internes Objekt des Verlangens: Grenouille muss wissen, wie es sich anfühlt, wenn die Menschen sein wahres Selbst sehen, ohne dass er die Maske eines Parfüms tragen muss. (Weltanschauung)

 

4. Was ist das kontrollierende Thema?

Das Parfüm Analyse nach dem Story Grid - WeltanschauungDer Tod triumphiert, wenn ein außergewöhnlich talentierter Mensch, der von der Gesellschaft nicht beachtet wird, seine ganze Hoffnung auf die Anerkennung seiner Gabe setzt. Aber ohne einen starken Mentoren an seiner Seite kommt er zu der Einsicht, dass sein einziges Ziel im Leben das ist, was er verachtet. Diese Erkenntnis lässt ihn desillusioniert und suizidgefährdet zurück.

 

5. Was ist das erzählerische Mittel und die Erzählperspektive?

Der Erzähler ist eine nicht identifizierte Präsenz, welche die beobachteten Ereignisse kommentiert (zum Beispiel in Kapitel 42, da der Erzähler sagt, dass Richis ›Schlussfolgerung über den Mörder der Wahrheit nahe kommt, obwohl er nicht weiß, dass es nicht um Schönheit für die Augen geht, sondern um die Nase).

Der Roman besitzt einen auktorialen Erzähler, der alle drei Formen der Fokalisierung einsetzt. Das beabsichtigte Publikum ist die Gesellschaft an sich, denn es scheint, dass der nicht identifizierte Erzähler eine warnende Geschichte für ein allgemeines Publikum schreibt. Er weist auf die mangelnde Akzeptanz der Gesellschaft und die niedrige Beachtung hin, um eine Person als die Person wahrzunehmen, die sie in ihrem Innersten ist.

Die narrative Distanz verschiebt sich von nah zu fern. Manchmal sind wir weit weg, als der Erzähler uns berichtet, welches Schicksal andere Figuren im Buch treffen. Und dann sind wir dem Protagonisten Grenouille wieder sehr nahe, vor allem, wenn wir beinahe riechen können, was er wahrnimmt und wissen, was er denkt.

Wie der Titel ›Die Geschichte eines Mörders‹ es beschreibt, handelt es sich bei dem Roman um einen fiktiven historischen Bericht eines Serienmörders, der nicht nur das Leben von Jean-Baptiste Grenouille zeigt, sondern auch das Leben der Menschen im ihn herum (Baldine, Taillade-Espinasse).

Dieser Roman ist eine innovative Thriller-Geschichte, weil der Leser die Verbrechen aus der Sicht des Mörders erlebt, der selbst ein Opfer der Gesellschaft ist.

 

Anfang, Mitte und Ende jeweils in ein bis zwei Sätzen zusammengefasst.

Anfang: Wenn ein junger Mann mit einem außergewöhnlichen Geruchssinn, der sein Leben wie eine Zecke erduldet, durch den Mord an einem jungfräulichen Mädchen entdeckt, dass er ein Genie ist, der die Welt des Duftes revolutionieren kann, muss er sich entscheiden, ob er etwas mit seinem Leben anfangen will oder ob er weiterhin ein wertloser Niemand sein möchte. Grenouille beschließt zu handeln und wird in Paris zum Parfümeur ausgebildet.

Mitte: Der Mann mit dem Namen Grenouille hasst es, Menschen zu riechen. Er lebt sieben Jahre lang in einer Höhle, aber der Schock, geruchlos zu sein, beunruhigt ihn so sehr, dass er sich entscheiden muss, ob er in der Einsamkeit bleiben möchte oder ob er in die Welt der Menschen zurückkehren soll. Er beschließt zurückzukehren und findet einen Weg nicht nur Körpergerüche zu erzeugen, welche die Art und Weise verändern, wie andere Menschen ihn wahrnehmen, sondern auch, dass es innerhalb seiner Fähigkeiten liegt, einen Duft zu erzeugen, der ›übermenschlich‹ ist.

Ende: Grenouille kreiert seinen übermenschlichen Duft, indem er über 25 jungfräuliche Mädchen tötet, nur um herauszufinden, dass er desillusioniert war, weil er dachte, er bräuchte die Liebe der Menschen, wenn er in Wahrheit nur von ihnen gehasst werden will – für all den Hass, den er selbst für sie hat. Als er realisiert, dass die Menschen nie in der Lage sein werden, sein Inneres zu sehen, muss er sich entscheiden, ob er in einer Welt leben möchte, in die er nicht hineinpasst oder ob er sterben sollte. Grenouille geht zurück nach Paris, gießt die gesamte Flasche Parfüm über sich und wird von der Menge der Obdachlosen auseinandergerissen, die zum ersten Mal erfahren, wie es ist, etwas aus Liebe getan zu haben.

 



Melanie Naumann - Lektorin Storyanalyse - Schreibe deinen besten Roman.
Storyanalyse.de

Melanie Naumann ist die erste zertifizierte deutsche Story Grid Lektorin. Sie ist die Gründerin von Storyanalyse.de und gab die Leitung von Storyanalyse im Dezember 2021 an die Geschichtenhebamme Eva Maria Nielsen ab. Melanie arbeitet seither vorwiegend mit Songwritern zusammen, um ihnen zu helfen, die Power of Storytelling für ihre Songtexte zu nutzen.



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