Starke Worte, kräftige Sätze


In einer Geschichte sollte jedes Wort Bedeutung tragen, deswegen lerne schwache Sätze zu erkennen, finde die leeren Themen und faulen Verben und fülle sie mit Worten, die Bilder schaffen.

zuletzt bearbeitet am 30. Nov 2021

veröffentlicht am 31. Jul 2017 von Eva Maria Nielsen

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So verbesserst du schwache Sätze

So verbesserst du schwache Sätze - Starke Worte, kräftige Sätze


Inhaltsübersicht

Allgemeingültigkeit

Da waren 7 Kerle am Tresen

Wie leere Themen deinen Erzählstil schwächen.

Ungenauen Sätzen Bestimmung geben.

Was verursachen leere Themen noch?

 

Wie du Sätze schreibst, die deine Leser mitreißen.

Es gibt keine Regel, die uns Autoren verbietet im Passiv zu schreiben. Nur wirst du, wenn du sie nicht gezielt zu einem bestimmten Zweck einsetzt, deine Leser mit diesen Satzkonstruktionen dazu treiben, dein Buch wegzulegen.

Passive Sätze sind langweilig, nicht unbedingt durch die Verwendung des Passivs an sich, sondern weil sie in über 90% der Fälle eine kümmerliche Erzählstärke besitzen.

(mehr dazu unter in meinem Artikel ›Stumme Worte‹)

 

Sieh dir das folgende Beispiel an:

Ich war traurig.

Ersetzen wir das faule Wort ›war‹ mit fühlen, wirkt der Satz immer noch zu schwach.

Ich fühlte mich traurig.

Ich fühlte mich traurig, dass ich weinen musste.

 

Beide Sätze sind aktiv geschrieben, aber sie erschaffen kein Bild im Kopf des Lesers, weil sie zu allgemeingültig klingen.

Sie sind nur dahin gesagt, nicht bewiesen.

Deswegen solltest du deinen Charakter und seine Umgebung analysieren, und daraus einen überzeugenden Satz schreiben, der den Leser in die Geschichte packt.

Mein Atem stockte in heftigen Seufzern, bis mir die Luft wegblieb. Mein Rücken verkrampfte sich und ich zerrte die Lippen auseinander, doch zum Schreien fehlte mir die Stimme.

 

Jeder Leser kennt das Gefühl, wenn er in Tränen ausbricht; wenn er vor innerem Schmerz keine Worte findet. Deswegen erlauben diese Sätze dem Leser, dass er sich besser mit der Story und dem Charakter identifizieren kann.

Merke dir, du darfst schwache Sätze verwenden. Nutze sie, solange sie dir helfen, deine Geschichte zu schreiben. Spätestens in der Korrekturphase solltest du sie durch ›bildreichere‹ ersetzen.

 

Und dann war da noch ...

Da waren sieben Kerle am Tresen.

Stop, so sollte kein Satz beginnen, denn was interessiert uns, dass dort ein paar Männer stehen? Offensichtlich tun sie ja nichts außer den Platz vor dem Tresen mit ihrer Anwesenheit zu füllen. Was geht es uns an? Was interessiert es die Figur?
Sofern du nicht aus der Ich-Perspektive oder Dialoge schreibst, versuche, solche Sätze aktiver zu gestalten.

z.B. leicht verbessert: Sieben Kerle standen am Tresen.
Besser: Sieben Kerle lehnten am Tresen.

Oder fokussiere die Aktion:

Zwei Männer diskutierten mit dem Barkeeper, zwei weitere kippten sich Bier in die Kehle und die anderen drei lehnten sich über den Tresen und griffen nach dem Jägermeister.

Jetzt sehen wir, was in der Bar passiert. Sicherlich gibt es auch Clubs, in denen man nur ›körperlich‹ vorhanden ist, und wahrscheinlich nichts passiert. Aber frage dich, was dein Charakter an solch einem Ort will, sofern er nicht ein irrer Professor ist, der ihnen wieder Leben verleihen will.

 

Wie leere Themen deinen Erzählstil schwächen.

Bild mit Hand, die schreibt. Darüber steht: Vermeide stumme, schwache und ausdruckslose Worte, die sich auf nichts beziehen und keine Bilder erschaffen können.Das obere Beispiel verdeutlicht, dass Worte unseren Geschichten Leben einhauchen können, zugleich können sie aber wie ein Stück Käse an der Wand kleben, von dem man erwartet, dass es sich aus eigener Kraft abpellt.

Deswegen vermeide Worte, die sich auf nichts beziehen und keine Bilder erschaffen können.

Das sind faule Verben und stumme Worte, die keine Bedeutung tragen.
In der Alltagssprache nutzen wir sie zuhauf, die beiden Bekanntesten sind: ›es‹ und ›ist‹.

Es ist bewölkt.
Es ist Mitternacht.
Es ist schade, dass ihr gehen müsst.
Da waren Flecke auf dem Laken.
Es gibt so viele Spinnen in meinem Haus.
Es ist da.

Diese Beispiele mit ›es‹, ›ist‹ und ›waren‹ bilden keinen Bezug zu irgendwas. Sie hängen einfach nur auf dem Papier und schwächen den Erzählstil, weil ›es‹ sich nicht wie ein Pronomen verhält, das den Platz eines Subjekts einnimmt.
Aber auch Objekte können bedeutungslos sein:

Mir gefällt es nicht, wenn du nicht aufräumst.
Wie lange dauert es, bis wir ihn finden?
Es ist unglaublich, dass sie bestanden hat.

 

Ungenauen Sätzen Bestimmung geben.

Bevor du beginnst, dein Manuskript nach den kleinen Wörtchen ›es‹ und ›war‹ und ›ist‹ zu durchsuchen, bedenke, dass zu jedem Ratschlag auch Ausnahmen existieren.

Leere Themen sind okay, sie sind grammatikalisch korrekt und besitzen die Fähigkeit eine Botschaft schneller zu übermitteln, als die Verwendung eines spezifischen Subjekts.

Deswegen darfst du sie benutzen, ab und zu. Doch beachte, je öfter du sie verwendest, umso mehr verblasst das Bild im Kopf deiner Leser.

Beim Geschichtenschreiben hängt alles von der Wahl der besten und stärksten Wörter ab, von Wörtern, die Bilder erschaffen.

Hier die vorigen Beispiele überarbeitet:

Es ist bewölkt.
Umgeschrieben: Die Wolken bauschten sich auf.
Es ist Mitternacht.
Umgeschrieben: »Die Turmuhr schlug zwölf. Mitternacht.
Es ist schade, dass ihr gehen müsst.
Umgeschrieben: »Ich fasse es nicht, dass ihr gehen müsst. Schade.
Da waren Flecke auf dem Laken.
Umgeschrieben: »Flecken bedeckten das Laken.
Es gibt so viele Spinnen in meinem Haus.
Umgeschrieben: »Diese Spinnen werden noch mein Haus einnehmen.
Es ist da.
Umgeschrieben: Der Postbote brachte das Kuscheltier für Joe.

Die überarbeiteten Sätze, in denen wir eindeutige Subjekte nutzen, verstärken die Botschaft, die wir als Autor ausdrücken wollen. In dem Beispiel mit den Spinnen wird die Angst des Hausbesitzers deutlich; um Mitternacht hören wir die Turmuhr schlagen; oder wir sehen selbst die Flecke auf dem Laken, ohne, dass wir es nur erzählt bekommen.

 

Was passiert, wenn sich leere Themen aufeinandertürmen?

Lies dir dazu folgendes Beispiel durch:

Es war sonnig, als ich im Park spazieren ging. Ich zog mir die Sonnenbrille ins Gesicht und ging zu der Parkbank, die unter den Bäumen stand. Es war der Ort, wo ich Joe treffen sollte. Ich war überrascht, dass dieser Stadtmensch sich dort mit mir treffen wollte. Dort gab es überall stinkenden Hundehaufen, herumtobende Kinder und das Rauschen von Blättern. Für mich war es eine Rettungsinsel vom Großstadtlärm, für meinen Allergiker Freund ein schniefender Alptraum. Als ich ankam, war ein Herr und eine Dame da. Und Joe war nicht da.

Versuchen wir, das Beispiel umzuschreiben:

Die Sonne blendete mich, als ich im Park spazieren ging.  Ich zog mir die Sonnenbrille ins Gesicht und schlenderte zu der Parkbank, die im Schatten von Akazienbäumen stand. Das war der Ort, wo ich Joe treffen sollte. Dieser grüne Fleck inmitten von Asphaltsträngen und Betonbergen schien mir nicht der Ort zu sein, an dem ich Joe, den Naturallergiker, zu treffen vermutete. Immerhin, hier dampften Hundehaufen, Kinder tobten über die Wiese und die Blätter rauschten. Dieser Ort bildete eine Rettungsinsel vom Großstadtlärm. Als ich die Bank sah, blätterte ein Herr in der Tageszeitung und eine Frau durchwühlte ihre Handtasche. Von Joe war noch kein Nieser zu hören.

 

Was verursachen leere Themen noch?

Manchmal sind schwache Sätze gar nicht so einfach zu erkennen. Das passiert vor allem, wenn du aus Versehen nichtsaussagende Pronomen als Subjekte verwendest, z.B. ›das‹, ›diese‹, ›dieses‹ oder ›dieser‹, mit denen du dich auf eine Wortgruppe oder einen Satz beziehst.

In diesem Fall glaubst du, dass sich das Wort auf ein Subjekt bezieht, obwohl es das in Wirklichkeit nicht tut und du somit ein leeres Subjekt geschaffen hast.

Nachdem Bill verstarb, weinte sie jeden Tag, schloss sich in ihrem Zimmer ein und redete nicht mehr. Dies zog sich über mehrere Jahre hin.

 

›Dies‹ ist ein leeres Subjekt, weil es nicht den Platz von all dem Geschehenen einnehmen kann. Natürlich versucht der Autor, dem Leser nur zu vermitteln, dass ihre Trauer sie für so viele Jahre einschränkte, aber das Wort ›dies‹ kann das nicht ausdrücken. Es ist grammatikalisch falsch.

Nachdem Bill verstarb, weinte sie jeden Tag, schloss sich in ihrem Zimmer ein und redete nicht mehr. Dieses Verhalten zog sich über mehrere Jahre hin.

 

Ein weiteres Problem gehört zu dem großen Thema »Show, don’t tell« (›Zeigen, statt erzählen.‹).

Leere Themen wirken dahin gesagt, denn sie beinhalten schwache und ungenaue Wörter.

Im oberen Beispiel »Es ist bewölkt« erkennt man, dass es uns einfach nur erzählt wird, wohingegen: »Die Wolken bauschten sich auf« uns zeigt, was am Himmel passiert.

 

Starke Wörter, ausdrucksstarke Sätze.

Auch hier gilt, wenn du dein Manuskript schreibst, nutze alle Wörter, die dir helfen deine Idee auf Papier zu bringen. Bedenke nur, dass dein erster Entwurf mit faulen Verben und stummen Worten gefüllt sein wird.

Versuche sie zu finden, sie zu verstärken und jedem Wort Bedeutung zu geben.

Klar, du darfst auch leere Subjekte verwenden, gelegentlich, sonst schwächst du deinen Erzählstil. Immerhin willst du doch, dass deine Leser deine Geschichte so lebendig und real erfahren, wie du sie selbst mit deinen Charakteren erlebt hast.



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Melanie Naumann ist die erste zertifizierte deutsche Story Grid Lektorin. Sie ist die Gründerin von Storyanalyse.de und gab die Leitung von Storyanalyse im Dezember 2021 an die Geschichtenhebamme Eva Maria Nielsen ab. Melanie arbeitet seither vorwiegend mit Songwritern zusammen, um ihnen zu helfen, die Power of Storytelling für ihre Songtexte zu nutzen.

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