Oder wie du das Erzähltempo deiner Geschichte justierst


Rasante Dialoge, Kampfszenen und Verfolgungsjagden. Handlung und Aktion sind vor allem in externen Genres gefragt. Aber überfordere deine Leser nicht. Manchmal brauchen sie auch eine Auszeit, Zeit zum Verdauen und aufatmen. Ein zu schnelles Tempo geht oft mit einer Menge Action einher, die dem Leser entgegengeschleudert wird.

Wenn dein Leser die Puste verliert

Rasante Dialoge, Kampfszenen und Verfolgungsjagden. Handlung und Aktion sind vor allem in externen Genres gefragt. Aber überfordere deine Leser nicht. Manchmal brauchen sie auch eine Auszeit, Zeit zum Verdauen und aufatmen. Ein zu schnelles Tempo geht oft mit einer Menge Action einher, die dem Leser entgegengeschleudert wird.

  • Komplizierte Komplikationen: Zum Spannungsaufbau gehört, dass du den Konflikt - auch in der Szene - verschärfst. Pläne müssen schiefgehen, aber wenn jede Kleinigkeit, die schiefgehen kann, auch schiefgeht,ist es zu viel Drama. Frage dich immer: Brauchst du wirklich all diese Probleme? Können einige davon kombiniert oder eliminiert werden? Treiben sie die Handlung voran? Besteht ein Zusammenhang zwischen ihnen und dem Ziel des Protagonisten?

Tipp:

Versuche, die Schritte deiner Szenen aufzuschlüsseln und zu sehen, wie viele Dinge dein Protagonist tun (und überwinden) muss, um das Ziel zu erreichen. Wenn die Zahl hoch erscheint, kannst du ein paar davon streichen.

  • Keine Atempausen: Wenn dein Protagonist oder deine Protagonistin nie die Möglichkeit hat, zu Atem zu kommen, wird das auch der Leser nicht tun. Suche nach Stellen, an denen du die Hauptfigur innehalten und darüber nachdenken lässt, was ihr gerade passiert ist. Gute Stellen sind z. B., wenn ein Problem entdeckt wird, wenn es gelöst wird, wenn sie etwas Neues lernen usw. Die Reflexion gibt dir die Möglichkeit, die Leser daran zu erinnern, warum das alles so wichtig ist.

Tipp

Wo kannst du Reflexion und inneren Monolog einbauen? In einer Aktion Geschichte ist das oft, wenn ein Problem auftraucht oder gelöst wird. 

  • Große Menschenmengen: Wenn zu viele Menschen zu schnell auf den Seiten um Aufmerksamkeit rufen, überforderst du den Leser. Er liebt es lieber übersichtlich. Mein liebster Tipp in allen Schreib- und Lebenslagen ist: weniger ist mehr. Das gilt auch hier.

Tipp

Zu viele Namen und Figuren, die unerwartet auftreten, erwecken schnell den Eindruck: Hier kann ich weiter blättern. Das ist nicht so wichtig, weil ich es mir sowieso nicht merken kann. So verliert die Szene an Bedeutung. Gönn ihr eine straffere Personengalerie und nenne nur die Personen, an die sich dein Leser erinnern muss. Halte die Anzahl der Figuren in einer Szene begrenzt. 

 

Der James Bond-Effekt

Einem Plot, der nur aus Aktion besteht, fehlt oft die Tiefe, um die Charaktere zum Leben zu erwecken und die Welt, in der sie leben, wirklich mit Leben zu füllen. So sind die frühen James Bond Filme konzipiert. James Bond ist austauschbar - Hauptsache er ist ein Lebenskünstler und Frauenhelt. Tiefe hat er erst in den letzten Filmen bekommen, auch weil er Schwäche und Verletzlichkeit zeigen konnte. Diese oberflächliche Figurenzeichnung, die bei rasanten Handlungen oft dazu gehört, nenne ich den James-Bond Effekt. Aber genau so wie die Regisseure der Filme ihm später mehr Tiefe verliehen haben, so können auch wir unseren Text durch Überarbeiten mehr Tiefe schenken.

  • Flache Charaktere: Kennst du diese Actionfilme, in denen du dir den Namen des Helden nicht merken kannst? Das Äquivalent dazu ist die Charakterisierung in Büchern.Nimm dir die Zeit, dass deine Leser die Charaktere kennenlernen, damit sie sich für sie interessieren, wirklich wissen wollen, was mit ihnen passiert. Gib deinen Lesern Einblicke in die Persönlichkeit deiner Figuren. Das gelingt dir besonders gut, wenn du Tempo aus deiner Geschichte nimmst.
  • Weiße Räume: Ein Mangel an Schauplätzen führt dazu, dass sich alles anfühlt, als würde es in einem leeren Raum stattfinden. Dein Leser sieht die Welt nicht, der Hintergrund gleicht einer Nebellandschaft. Beschreibst du die Umgebung ausreichend? Und konkret? Gibt es genug Details, damit der Leser alles in einen Zusammenhang stellen kann? Der Schauplatz kann auch dazu dienen, die Spannung zu erhöhen und den Konflikt zu verschärfen, daher kann eine kleine Beschreibung ein zu schnelles Tempo deutlich verlangsamen.
  • Schwache Motivationen: Macht dein Protagonist nur die Bewegungen mit und spielt die Handlung um der Handlung willen? Wenn er nur ein Körper ist, mit dem die Dinge passieren, hat die Handlung keinen Sinn und wird zum Hintergrundgeräusch.Versuche zu zeigen, warum du diesen Protagonisten ausgewählt hast, um diese Probleme zu bewältigen. Lass die Leser/innen sie kennenlernen, damit sie verstehen, warum sie all diese Probleme durchmachen. Diese Momente der Verinnerlichung oder Diskussion helfen dabei, in einem überschaubaren Tempo von Szene zu Szene zu wechseln. Dein Leser muss wissen, was dein Protagonist will und braucht. Er darf nicht eine willenlose Marionette sein. 
  • Textsprache variieren: Gute Sprache ist wie eine Melodie. Du weißt schon, dass kurze Sätze, kurze Kapitel, kurze Szenen das Tempo erhöhen, aber wenn sie zu oft verwendet werden, können sie überwältigend sein. Kurze Sätze sind schnell. Wir lesen sie schnell, und das Stakkato trägt zur Spannung der Szene bei. Aber zu viel davon liest sich wie ein Stroboskoplicht, das Standbilder hintereinander zeigt, und nicht wie eine Geschichte, die sich entwickelt. Versuche, den Text zu variieren, indem du neben den kurzen, schnellen Sätzen auch längere Sätze einbaust, und achte auf den Rhythmus des Textes. Nutze die Länge der Sätze, um das Tempo zu erhöhen und zu verringern, wenn du es brauchst. Du dirigierst deine Geschichte - und deine Geschichte ist ein Kunstwerk.
  • Kapitellänge: Zu viele kurze Kapitel hintereinander können sich schnell abgehackt anfühlen. Das liegt in der Natur von Kapiteln, denn sie enden mit einem "Oh nein!"-Moment. Wenn alle paar Seiten ein Cliffhanger kommt, kann sich die Spannung nicht aufbauen.Versuche herauszufinden, ob du deine kleinen Kapitel zusammenfassen kannst, um einen besseren (und langsameren) Fluss zu erreichen. Vielleicht kannst du sie in Szenen umwandeln und das Ende etwas lockerer gestalten, um einen langsameren Übergang zu schaffen.
  • Dialoge: Auch Dialoge sind schnell, aber wenn viel geredet wird, ohne dass etwas erklärt wird, kann der Leser nur schwer mithalten. Überprüfe große Dialogabschnitte und achte darauf, dass du Pausen einbaust, um die Leser/innen daran zu erinnern, wer spricht, und um den Kontext des Geschehens darzustellen. Verbinde Dialoge mit Handlung. 

Eva Maria Nielsen ist Story-Grid-Lektorin, Autorencoach und gehört zum Team des Bookerfly Clubs. Wenn sie nicht gerade Romane schreibt, unterrichtet und coacht sie andere Autorinnen und Autoren, wie sie ihr Handwerk verbessern können. Sie ist die Gründerin des Bookerfly Buchclubs für Autoren. Du kannst sie regelmäßig auf dem Bookerfly Podcast hören - zusammen mit ihren wunderbaren Kolleginnen. Erhältst du schon den Newsletter? Wenn nicht, dann geht es hier entlang.