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Menschen lesen Liebesromane, weil sie die Schmetterlinge im Bauch, die Champagnerbläschen im Blut und die Aufregung des Verliebtseins erleben wollen, ohne selbst das Risiko der Liebe einzugehen oder verletzt zu werden. Sie wollen alle dieses wunderbar spritzige Gefühl Ich-bin-verliebt vom sicherem Sofa aus erleben und am Ende der Geschichte soll die Liebe siegen. Zumindest in einem Buch, denn im realem Leben geht es nicht immer so schmerzlos und glatt.
Wie bei allen anderen Gattungen haben Leser*innen bestimmte Erwartungen. Die musst du als Autor*in erfüllen. Um dieses emotionale Erlebnis, das deiner Leser*innen suchen, zu erfüllen, gibt es für den Liebesroman sechs Schlüsselszenen, die jemanden, der einen Liebesroman schmökert, genau dieses emotionale Erlebnis vermitteln.
Diese Szenen sind notwendig, damit die Geschichte den Leser*innen unter die Haut geht und darum solltest du sie in deinen Roman einbauen. Wie das geht, zeige ich dir an Jane Austens Stolz und Vorurteil. Wenn du das Buch nicht kennst, kannst du dir auch den wunderbaren Film ansehen. Fangen wir an: Was erwarten die Leser*innen eines Liebesromans? Welche Szenen brauchst du in jedem Fall?
Die erste Szene, die dein Liebesroman braucht, ist genau die, in der sich die Liebenden zum ersten Mal treffen. Wenn die Protagonisten sich schon kennen, ist dies die Szene, in der sie zum ersten Mal zusammen auf deiner Buchseite erscheinen. Manchmal wird diese Szene auch als Kennenlern-Szene bezeichnet – und fast immer steht sie am Anfang deiner Geschichte als das auslösende Ereignis.
In Stolz und Vorurteil ist dies die Szene, in der Elizabeth und Jane Bennett Mr. Darcy und Mr. Bingley auf dem Ball der Stadt treffen. Jane Austen hat einen unvergesslichen Klassiker geschrieben. Schon in dieser ersten Szene wird deutlich, was wir später von den verschiedenen Beziehungen erwarten können: - Mr. Bingley und Jane sind süß und höflich, während Mr. Darcy und Elizabeth eher witzig und scharfzüngig sind.
Die zweite Szene, die du in deinem Liebesroman einbauen solltest, ist eine Szene, in der sich das Paar zum ersten Mal küsst oder einen anderen intimen Moment erlebt. Nicht in allen Liebesgeschichten kommt es zu körperlicher Intimität und das muss es auch nicht. Die Spannbreite ist groß.
Überlege dir deshalb vorher, was für eine Liebesgeschichte zu schreiben willst und wie intim deine Liebenden werden sollen. Wenn du eher eine süße Liebesgeschichte schreibst, könntest du zeigen, wie sie „intim“ werden, in dem sie Händchen halten, etwas zusammen machen, eine Art Traum für die Zukunft teilen oder etwas Nettes für den anderen tun. Wichtig ist, dass du den Leser*innen zeigst, wie sich das Paar diesem Gefühl von Intimität und Romantik nähert, miteinander vertraut wird.
In Stolz und Vorurteil ist dies der Moment, in dem Mr. Darcy Elizabeth auf dem Meryton-Ball zum Tanz auffordert. Während sie gemeinsam tanzen, lassen sie zum ersten Mall ihre Masken fallen. Ich mag diese Filmszene sehr, denn man spürt förmlich, dass sie beide denken: „Was wäre wenn, diese Person die Richtige/der Richtige für mich wäre?“
Aber sie können ewig tanzen und beim Was-wäre-wenn verweilen. Denn sowohl Darcy als auch Jane haben noch nicht die Lektion der Geschichte gelernt. Für beide gilt: Ihr Stolz und ihre Vorurteile stehen der Liebe immer noch im Weg.
In dieser Szene gesteht eine Person oder gestehen sich sogar beide Figuren ihre Gefühle. Dabei muss dein Protagonist nicht sofort die Worte Ich liebe dich sagen, aber es muss deutlich werden, dass die Gefühle nicht mehr platonisch sind. Diese Szene spielt sich in der Regel etwa in der Mitte des Romans ab, weil dieser Moment den Einsatz für die Figuren wirklich erhöht. Jetzt wissen sie - und die Leser*innen auch - was wirklich auf dem Spiel steht.
In Stolz und Vorurteil ist dies die Szene, in der Mr. Darcy Elizabeth seine Liebe gesteht und sagt, dass er sich trotz der gesellschaftlichen Stellung ihrer Familie in sie verliebt hat und sie heiraten will. Nur er gesteht ihr seine Liebe, denn Elizabeth scheint Mr. Darcys Gefühle in diesem Moment nicht zu teilen - vor allem, nachdem er sich über die Stellung ihrer Familie geäußert hat.
Die nächste Szene, die du in deinem Roman brauchst, ist die, in der sich deine Figuren sich trennen oder auseinandergehen. Oft ist diese Trennung nur vorübergehend, bis sie das überwunden haben, was sie von der wahren Liebe abhält.
Sie können noch nicht glücklich bis ans Ende ihrer Tage leben, weil einer oder beide die Lektion der Geschichte noch nicht gelernt haben. Die innere Verletzung oder der falsche Glaube sind einfach zu groß und hält sie vom Glück zurück. Diese Szene spielt sich oft am Ende des zweiten Aktes ab. Es ist der Alles-ist-verloren-Moment, wo jede Hoffnung verloren scheint. Schreib diese Trennungsszenen so, dass deine Leser*innen wirklich keine Möglichkeit sehen, wie die Liebenden am Ende wieder zusammenkommen. Leser*innen erwarten zwar, dass es ein Happy End gibt, aber sie sollen bis zum Schluss daran zweifeln.
In Stolz und Vorurteil findet dieser Moment zeitgleich mit der Szene des Liebesgeständnisses statt. Nachdem Mr. Darcy Elizabeth seine Liebe erklärt hat und sie gebeten hat, ihn zu heiraten, lehnt sie ihn nicht nur ab, sondern zählt ihm alle Gründe auf, warum sie ihn nicht mag und was eine Beziehung mit ihm verhindert. Hier denkt man als Zuschauer*in des Films: „Das war heftig, wie geht es jetzt weiter?“ Klar, man hofft natürlich auf ein glückliches Ende, aber wie das gelingen soll, kann man einfach noch nicht sehen.
Die nächste Szene ist die Liebesbeweis-Szene. Sie ist die wichtigste Szene in deinem Liebesroman und der Höhepunkt, auf den die Leser*innen von der ersten Seite an warten. Das wichtigste Gewürz für eine großartige Liebesbeweis-Szene ist dies: Eine der Figuren muss etwas für das Glück der anderen opfern. Und sie opfern es auch dann, wenn sie es aussichtslos erscheint, dass die oder der Geliebte seine Meinung ändern wird und die Beziehung wieder aufnimmt. Sie opfern einfach, damit die andere Person glücklich sein kann, weil sie diesen Menschen so sehr lieben.
Opfer? Was für ein schreckliches Wort, denkst du jetzt vielleicht. Wie sieht dieses Opfer also aus? Nun, deine Figur könnte einen Teil von sich selbst opfern. Sie könnte einen Job in einem anderen Land oder einer anderen Stadt opfern, eine schlechte Angewohnheit überwinden, sie könnte Normen oder religiöse Schranken überwinden … Lass deiner Fantasie freien Lauf. Es könnte wirklich alles sein. Was du mit diesem Opfer erreichen willst? Deine Figur zeigt nicht nur dem Leser, dass sie die Lektion der Geschichte gelernt hat.
In Stolz und Vorurteil erfährt Elizabeth, dass Mr. Darcy einen Teil seines Vermögens einem Mann geopfert hat, den er verachtet. Denn er will Elizabeths Familie vor der sicheren Schande bewahren und so Elizabeths Glück sichern. Mr. Darcy hat nicht nur sein Geld geopfert, sondern es auch ohne zu Zögern oder mit der Wimper zu zucken getan. Genau dieses Opfer zeigt Elizabeth, dass sie sich in Mr. Darcy getäuscht hat. Das ist also Mr. Darcys selbstloser Liebesbeweis.
Eine weitere großartige Sache an diesem Film ist, dass wir auch Elizabeths Liebesbeweis-Szene zu sehen bekommen. Dies geschieht, als Lady Catherine Elizabeth mit dem Gerücht konfrontiert, sie und Mr. Darcy seien verlobt. Lady Catherine bittet Elizabeth, ihr zu versprechen, dass sie sich niemals mit Mr. Darcy verloben wird. Aber Elizabeth weigert sich. Als Mr. Darcy davon erfährt, nimmt er dies als Beweis für Elizabeths Gefühle für ihn. Das gibt ihm den Mut, noch einmal um Elizabeths Hand anzuhalten.
Die letzte Schlüsselszene ist die Szene, in der die Liebenden wieder zusammenkommen und einander ihre Liebe bekennen. Das ist der Augenblick, auf den deine Leser*innen gewartet haben. In dieser Szene belohnst du deine Leser*innen. Hier beantwortest du die Frage, die du ganz zu Anfang aufgeworfen hast: „Kriegen die Beiden sich oder nicht? Kommen sie zusammen?“
In Stolz und Vorurteil erleben wir, wie Mr. Darcy erneut um Elizabeths Hand anhält, und dieses Mal sagt sie Ja. Sie küssen sich und gehen zum Haus der Bennetts, wo Mr. Darcy um Elizabeths Hand anhält. Die Schlussszene des Films zeigt Mr. und Mrs. Darcy dann glücklich und verliebt.
Das sind also die sechs Schlüsselszenen, die du in deine Liebesgeschichte einbauen musst, damit deine Geschichte funktioniert. Jetzt denkst du vielleicht: Okay, das ist doch alles ganz offensichtlich. Aber ich kann dir versichern, das viele Manuskripte, die auf meinem Tisch landen oder die ich mit Autoren im Coaching bespreche, genau diese Schlüsselmomente nicht haben. Sie fehlen, werden heruntergespielt oder beschönigt. Damit erweist du deinen Leser*innen und dir selbst einen schlechten Dienst. Denn deine Leser*innen haben deinen Liebesroman gekauft, weil sie genau diese Erwartungen haben – und darum solltest du ihren Erwartungen entgegenkommen und diese Szenen in deine Geschichte einbauen.
Verwende diese sechs Schlüsselszenen als Raster für deinen Liebesroman – egal ob du einen zeitgenössischen Liebesroman schreibst oder Geschichte, die an einem ganz anderen Ort und einer anderen Zeit spielt. Auch wenn die Liebesgeschichte nur als Sub-Genre in einer anderen Geschichte eingebaut ist, z.B. in einen Thriller, Krimi oder eine Fantasy-Geschichte: Baue diese 6 Schlüsselszenen in deinen Nebenstrang ein.
Steckst du fest in deiner Geschichte? Bist du unsicher, ob dein Plot funktioniert? Fragst du dich, ob ein inhaltliches Lektorat oder ein Schreibcoaching deiner Geschichte guttun? Dann kontaktiere mich einfach für ein kostenloses Erstgespräch.
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