Fragen, die du deinen Protagonisten stellen solltest


Wenn du packende Geschichten erzählen, die Herzen deiner Leser berühren willst, wenn du davon träumst eine Geschichte zu schreiben, die funktioniert, dann führt kein Weg an starken Charakteren vorbei. Die Charaktere sind das Herz jeder Geschichte.

zuletzt bearbeitet am 09. Mai 2022

veröffentlicht am 18. Feb 2022 von Eva Maria Nielsen

Kommentare: 0

Hinweis: Ich nutze Amazon Affiliate Links. Keine Zusatzkosten für dich, aber für mich eine Möglichkeit, mir das Hosting meiner Website zu finanzieren.

Was du deinen Protagonisten fragen solltest

Was du deinen Protagonisten fragen solltest - Fragen, die du deinen Protagonisten stellen solltest


 
Gerade habe ich ein „Die vier Winde“ von Kristin Hannah beendet. In dieser Familiensaga hat die Autorin die Charaktere – Elsy, Loreda, Anthony und Jack - so gut ausgearbeitet, dass sie und ihr Schicksal mir unvergeßlich bleiben werden.
Bei anderen Büchern ist es genau das Gegenteil. Da stolzieren die Charaktere so ausgehungert und dürr über das Papier, die Figuren sind so milchgesichtig langweilig, dass ich einfach nicht warm mit ihnen werde und sie schon fast nach dem Lesen des Buches vergessen habe. Sie sind nur Stereotypen, in ihren Adern rauscht kein Blut und so wirken sie nicht echt. Kennst du das auch? Ich denke schon. Aber du willst es sicher besser machen. Und das solltest du auch, damit deinen Lesern deine Figuren so sehr ans Herz wachsen, wie mir Elsy, Anthony, Jack und Loreda. Aber wie macht man das?

 So schaffst du überzeugende Charaktere 

Versteh mich nicht falsch. Überzeugende Charaktere zu schaffen, ist alles andere als leicht. Aber wenn du die Herzen deiner Leser berühren willst, wenn du davon träumst eine Geschichte zu schreiben, die funktioniert, dann führt kein Weg an starken Charakteren vorbei. Die Charaktere sind das Herz jeder Geschichte.
Wie im richtigen Leben sollten deine Charaktere vielseitig sein. Bevor du mit dem Schreiben anfängst, stell erst einmal einige wichtige Fragen an deine Figuren.
Nein, ich denke nicht an Charakter- und Fragebögen, die in vielen Schreibworkshops verteilt und ausgefüllt werden. Es geht nicht um die Augenfarbe, das Lieblingsessen oder Hobby deiner Figur.  Wir müssen noch tiefer graben. Stell deiner Figur spezifischere Fragen, die dir helfen, deine Geschichte zu entwickeln und dann auch zu schreiben.  Aufregend, oder? Dann nichts wie los!

Was will deine Figur?

Jede deiner Figuren muss ein Ziel vor Augen haben. Auch im wirklichen Leben wollen wir Menschen etwas. Danach strecken wir uns aus, nehmen Unannehmlichkeiten auf uns. Ein Mensch, der etwas will, der einen Traum hat, ist aktiv.
Und eine Figur, die etwas will, verfolgt eben auch aktiv ihre Ziel. Nur so kommt Handlung in deine Geschichte. Deine Figur ist die Treibkraft, das Benzin, der Motor hinter der Handlung.
Was für Ziele sind da gemeint? In einem Kriminalroman ist das Ziel des Polizisten, den Mörder vor Gericht zu bringen. In einem Horrorroman ist das Ziel des Protagonisten, das Monster zu zu besiegen. Dies ist das wichtigste, übergreifende Ziel deiner Figur. Oder anders gesagt: Das Hauptziel.
 

Hauptziel und Szenenziele

Sobald du das übergeordnete Ziel, das Hauptziel deiner Figur, kennst, kannst du dir kleinere Ziele ausdenken, die sie auf dem Weg zum großen Ziel erreichen muss.  Diese kleineren Ziele sind die Szenenziele, die deinen Protagonisten Schritt für Schritt näher an den Höhepunkt der Geschichte bringen sollen. Wenn das Ziel deiner Heldin im Liebesroman ist, den Bad Boy für sich zu gewinnen, könnte eines ihrer Szenenziele sein, mehr über seine Vorlieben herauszufinden.
 
Kennst du „Hunger Games“ (Die Tribute von Panem) als Film oder Buch? Katniss will die Hungerspiele gewinnen. Das ist ihr übergeordnetes Ziel. Ihre Szenenziele sind Dinge wie: Vorräte aus dem Füllhorn holen, Peeta finden, Kato töten oder die Nacht durchschlafen. Jedes dieser kleineren Ziele hilft ihr, dem Höhepunkt der Geschichte einen Schritt näher zu kommen, wenn sie sich den anderen Kämpfern stellen muss.

Frag deine Figur

  • Was willst du, bevor die Leser dich auf der ersten Seite kennenlernen?
  • Warum hast du dieses Ziel noch nicht erreicht?
  • Was passiert, nachdem das auslösende Ereignis dich in den Hauptkonflikt der Geschichte hineingezogen hat?
  • Welche Mikroziele helfen dir, dein übergeordnetes Ziel zu erreichen?

Warum will deine Figur das?

Sobald du festgestellt hast, was deine Figur will, finde heraus, warum sie es will. Mit anderen Worten: Was treibt sie an, all diese Mühen und Schmerzen auf sich zu nehmen, nur um dieses Ziel zu erreichen?
Diese Motivation treibt deine Figur an, auf ein Ziel hinzuarbeiten. Sie ist die Kompasnadel deiner Figur, sie zeigt ihr das Ziel. Die Motivation deiner Figur ist das Benzin, das deine Geschichte vorantreibt und deiner Figur die Kontrolle über ihr Leben und ihre Entscheidungen gibt.
 
In „Die Tribute von Panem“ ist Katniss' Motivation klar. Wenn sie sich nicht freiwillig als Tribut (Kämpferin) meldet, wird ihre kleine Schwester Prim sterben. Katnis ist anders als Prim, stärker, sie hat schon einmal in der Wildnis überlebt und inder Arena will sie nur ein: Sie will überleben, damit sie sich weiter um Prim und ihre Mutter kümmern kann.

Frag deine Figur

  •  Warum wilstl du das?
  • Was bedeutet es für dich, genau dieses Ziel zu erreichen?

 

 Wer oder was steht deiner Figur im Weg?

 
Wenn deine Figur ihr Ziel leicht erreichen könnte, gäbe es keine Geschichte. Es gäbe nichts, worüber du schreiben könntest. Du musst deiner Figur Steine in den Weg legen, ein Konflikt, nein gerne mehrere Hindernisse, müssen her, die ihr das Leben schwer machen, es ihr so richtig vermiesen. Nur so baust du Spannung auf, die den Leser an die Seiten fesselt.
 
Es gibt zwei Arten von Konflikten: externe und interne Konflikte.
Der externe (äußere) Konflikt kommt von außen auf die Figur zu. Es ist das wer oder was, das deiner Figur in der Außenwelt im Weg steht. Mit anderen Worten, es sind die externen Hindernisse, die die Handlung ausmachen.
Das kann zum Beispiel ein Widersacher sein, also eine antagonistische Figur (Voldemort bei Harry Potter), oder eine antagonistische Kraft wie ein Wirbelsturm (Der Zauberer von Oz, Die vier Winde) oder ein strenger Winter, Geldmangel oder ein Asteroid.
In der Geschichte sollte der äußere Konflikt, mit dem deine Figur konfrontiert wird, sich immer mehr zuspitzen, immer schlimmer werden.
 
In dem oben genannten Buch von Kristin Hannah ist das meisterhaft gemacht. Ich kann dir nur ans Herz legen, wenn du Familiensagas und historische Romane aus der Neuzeit magst, dann solltest du dir dieses Buch wirklich einmal ansehen, um etwas über Szenenziele und steigende Komplikationen zu lernen.
 
Die externen Konflikte in deiner Geschichte sollten immer schwieriger zu bewältigen sein. Mach deiner Figur das Leben zur Hölle, fordere sie bis zum Äußersten, sonst gerät die Geschichte ins Stocken, und du langweilst deinen Leser.
 
In „Die Tribute von Panem“ ist Katniss zum Beispiel mit verschiedenen äußeren Konflikten konfrontiert. Zu überleben wird immer schwieriger, da immer mehr Kämpfer sterben, Vorräte schwinden und sie Verbündete wie Rue verliert. Und nicht nur das: Die Spielemacher denken sich immer neue Konflikte für die Kämpfer aus, nur um die „Show“ für die Zuschauer interessant zu halten. Jede neue Herausforderung ist schwieriger für Katniss - sonst würde die Geschichte schnell langweilig werden.
 

Frag deine Figur

  • Wer oder was steht dir und deinem Ziel im Weg?
  • Wen oder was musst du bis zum Ende der Geschichte überwinden?
  • Wie werden die Dinge immer komplizierter für dich?

 

 Was steht deiner Figur innerlich im Weg?

Wie ein richtiger Mensch hat deine Figur natürlich auch eine Vergangenheit. Diese wird als Hintergrundgeschichte der Figur bezeichnet.

Du musst die Vorgeschichte deiner Figur kennen, denn alles, was passiert, bevor wir deine Figur auf der ersten Seite kennenlernen, beeinflusst das, was jetzt mit ihr passiert.
Die Biografie deiner Figur ist wichtig, nicht nur, damit deine Figur  wie eine echte Person wirkt, sondern auch, damit du einen inneren Konflikt für deine Figur entwickeln kannst.
 
Der innere Konflikt kommt aus der Figur selbst. Es ist das, was die Figur sowohl emotional als auch intellektuell in die Geschichte einbringt. Das können zum Beispiel Zweifel, Verwirrung, ein falscher Glaube über sich selbst oder die Welt usw. sein.
Was auch immer es ist, deine Figur muss sich diesem inneren Konflikt stellen und ihn überwinden, um den äußeren Konflikt (oder die Handlungsereignisse) in deiner Geschichte bewältigen zu können.
 
In „Harry Potter und der Stein der Weisen“ fällt es Harry zum Beispiel schwer, die Aufmerksamkeit zu akzeptieren. Warum sollte er den Ruhm für den Sieg über Voldemort einheimsen? Er erinnert sich nicht wirklich daran, was in jener Nacht geschah. Er weiß nur, wie die Dursleys ihn behandelt haben. Das ist der innere Konflikt, dem Harry sich stellen und den er überwinden muss, um Voldemort zu besiegen.
 

Frag deine Figur

  • Welche Ängste oder falschen Überzeugungen hindern dich daran, dein Ziel zu erreichen?
  • Wann hast du zum ersten Mal an diese Angst gespürt? Oder dieses Denkmuster angenommen?
  • Wann hast du versucht, diese Angst oder diese Denkmuster zu überwinden und bist dabei gescheitert?
  • Was waren die wichtigsten Wendepunkte in deinem Leben? Wie hat sich deine Angst bestätigt? Was ist damals deine Überzeugung, deine ganz persönliche Wahrheit geworden?
  • Welche Lektion musst du lernen, um dein Ziel zu erreichen?

 

 Was steht auf dem Spiel, wenn deine Figur Erfolg hat oder scheitert?

Schaffe niemals einen Konflikt um des Konflikts willen. Der Konflikt, mit dem du deine Figur konfrontierst, muss sie persönlich betreffen und mit einem hohen Einsatz verbunden sein.

Was das ist? Das ist alles, was deine Figur riskiert - was sie zu verlieren oder zu gewinnen hat - während sie ihr Ziel verfolgt. Man unterscheidet auch hier „öffentliche Interessen“ und „persönliche Interessen“.
Öffentliche Interessen betreffen nicht nur deine Figur, sondern auch andere Menschen. Es kann sich um globale oder um kleinstädtische Einsätze handeln, aber in jedem Fall betreffen sie andere Menschen. Persönliche Interessen betreffen hauptsächlich deine Figur und haben eine wichtige Bedeutung für sie.
 
Während deine Figur ihr Ziel verfolgt, muss sie Entscheidungen treffen, und bei jeder dieser Entscheidungen muss etwas auf dem Spiel stehen. Warum?
 
Nun, wenn deine Figur vor einer schwierigen Entscheidung zwischen zwei gleich guten oder zwei gleich schlechten Dingen steht, bei denen wirklich alles auf dem Spiel steht, sehen  die Leser, aus welchem Stoff deine Figur gemacht ist, wofür sie brennt,  was ihr wichtig ist. Sie sehen, wen sie vor sich haben.
 
Für Katniss stehen sowohl persönliche als auch öffentliche Interessen auf dem Spiel. Wenn sie nicht den Platz von Prim einnimmt, wird Prim sterben. Wenn Katniss die Spiele nicht gewinnt, wird nicht nur Katniss sterben, sondern Prim und ihre Mutter werden niemanden haben, der sich um sie kümmert oder für sie sorgt. Das sind alles persönliche Interessen. Natürlich will Katniss gewinnen, weil sie Präsident Snow und alles, wofür die Hauptstadt steht, hasst. Sie will das System zu Fall bringen, damit keine anderen Kinder mehr ihr Leben riskieren müssen. Das sind öffentliche Einsätze.
 

Frag deine Figur

  • Was gewinnst du, wenn du erfolgreich bist?
  • Was verlierst du, wenn du scheiterst?

 

Abschließende Überlegungen

 
Das war es schon!  Hör deiner Figur zu. Ihre Antworten helfen dir, bessere, vielseitigere Charaktere für deine nächste Geschichte zu entwickeln!
 
Mein Tipp: Stelle nicht nur den Hauptfiguren diese Frage, sondern auch jeder anderen wichtigen Figur in deiner Geschichte. So schaffst du glaubwürdige, realistische Figuren,  die deine Leser lieben werden, so wie ich Elsy, Loreda, Anthony und Jack aus „Vier Winde“ von Kristin Hanna geliebt habe und ganz sicher nicht mehr vergessen werde.
 
Nimm dir als Bonusübung ein Lieblingsbuch (oder ein Buch, das dem Buch, an dem du gerade schreibst, am ähnlichsten ist) und versuche, die folgenden fünf Fragen über den Protagonisten der Geschichte zu beantworten.
Was wollen sie und warum wollen sie es? Was steht ihnen äußerlich und innerlich im Weg? Was haben sie zu verlieren oder zu gewinnen? War es leicht oder schwer, die Antworten auf diese fünf Fragen zu finden?
 
 
 
 


7 Schritte, dir dir helfen, selbst mit dem Lektorat deines Romans zu beginnen

Erhalte den PDF-Leitfaden: "7 Schritte, wie du mit dem Lektorat beginnst" sowie Tipps zum Schreiben und zum Lektorat direkt in dein E-Mailpostfach.
Melanie Naumann - Lektorin Storyanalyse - Schreibe deinen besten Roman.
Storyanalyse.de

Als Ihre Lektorin biete ich Ihnen maßgeschneiderten Textservice, der Ihrem Text gut kleidet.

Dein Kommentar

Bitte alle Felder ausfüllen. Das Formular wurde erfolgreich gesendet, wenn es nach dem Absenden wieder leer ist. Die Freischaltung des Kommentars kann bis zu einer Stunde dauern.

Kommentare 0